Full text: [Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband]] (Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband])

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preußische Krone und damit nach Art. 11 der Reichsverfassung die deutsche 
Kaiserwürde aus Seine Majestät Friedrich III., König von Preußen, 
übergegangen. Nach den mir zugegangenen telegraphischen Nachrichten 
darf ich annehmen, daß Seine Majestät der regierende Kaiser und König 
morgen von San Remo abreisen und in der gegebenen Zeit hier in 
Berlin eintreffen wird. Ich hatte von dem Hochseligen Herrn in Seinen 
letzten Tagen in Betätigung der Arbeitskraft, die Ihn nur mit dem 
Leben verlassen hat, noch die Unterschrift erhalten, welche vor mir liegt, 
und welche mich ermächtigt, den Reichstag in der üblichen Zeit nach Ab¬ 
machung seiner Geschäfte, das heißt also etwa heute oder morgen, zu 
schließen. Ich hatte die Bitte an Seine Majestät gerichtet, nur den An¬ 
fangsbuchstaben des Namens noch zu unterzeichnen. Seine Majestät 
aber haben mir daraus erwidert, daß Sie glaubten, den vollen Namen 
noch unterschreiben zu können/ Infolgedessen liegt dieses historische 
Aktenstück der letzten Unterschrift Seiner Majestät vor mir. Unter den 
obwaltenden Umständen nehme ich an, daß es den Wünschen der Mit¬ 
glieder des Reichstages, ebenso wie denen der verbündeten Regierungen 
entsprechen wird, daß der Reichstag noch nicht auseinandergeht, sondern 
zusammenbleibt bis nach Eintreffen Seiner Majestät des Kaisers, 
und ich mache deshalb von dieser Allerhöchsten Ermächtigung weiter 
keinen Gebrauch, als daß ich dieselbe als historisches Dokument zu 
den Akten gebe und den Herrn Präsidenten bitte, die Entschlüsse, 
welche den Stimmungen und den Überzeugungen des Reichstages ent¬ 
sprechen, in dieser Richtung herbeizuführen. Es steht mir nicht zu, meine 
Herren, von dieser amtlichen Stelle aus den persönlichen Gefühlen Aus¬ 
druck zu geben, mit welchen mich das Hinscheiden meines Herrn erfüllt, 
das Ausscheiden des ersten deutschen Kaisers aus unserer Mitte. Es ist 
dafür auch kein Bedürfnis, denn die Gefühle, die mich bewegen, sie leben 
in dem Herzen eines jeden Deutschen; es hat deshalb keinen Zweck, sie 
auszusprechen. Aber das eine glaube ich Ihnen doch nicht vorenthalten 
zu dürfen — nicht von meinen Empfindungen, sondern von meinen Er¬ 
lebnissen — daß inmitten der schweren Schickungen, welche der von uns 
geschiedene Herr in Seinem Hause noch erlebt hat, es zwei Tatsachen 
waren, welche Ihn mit Befriedigung und Trost erfüllten. Die eine war 
die, daß die Leiden Seines einzigen Sohnes und Nachfolgers, unseres 
jetzigen regierenden Herrn, die ganze Welt — nicht nur Deutschland, 
sondern alle Weltteile, kann man sagen —- ich habe heute noch ein Tele¬ 
gramm aus New Aork in dieser Beziehung erhalten — mit einer Teil¬ 
nahme erfüllt haben, die beweist, welches Vertrauen sich die Dynastie 
des deutschen Kaiserhauses bei allen Nationen erworben hat. 
Es ist dies ein Erbteil, kann ich wohl sagen, welches des Kaisers 
lange Regierung dem deutschen Volke hinterläßt. Das Vertrauen, das 
die Dynastie erworben hat, wird sich auf die Nation übertragen trotz 
Porger-Lemp, Lesebuch. Vin. 20
	        
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