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dustriewaren, ohne daß wir bei diesem Austausch die störende Einmischung
einer uns unbequemen Zollgesetzgebung zu fürchten brauchen. Freilich
vorläufig ist unser Handel mit ihnen noch von geringer Bedeutung. Er
wird aber wachsen mit der Anlage von Eisenbahnen und Straßen in den
Ssschutzgebieten, mit der Verbesserung der dortigen Seehäfen. Dann werden
die Erzeugnisse ihrer Plantagen, Wälder, Weideflächen und Mineral—
lager in ausgedehnterem Maße auf den Markt kommen können.
Den willigsten Abnehmer wird der deutsche Außenhandel naturgemäß
bei denen finden, die deutsch sprechen, deutsch fühlen. Schon dieser Ge—
sichtspunkt allein legt es uns nahe, darauf hinzuarbeiten, daß die Aus—
wanderer, die unsere heimat verlassen, möglichst dem Deutschtum erhalten
bleiben. Am sichersten ließe sich das natürlich erreichen, wenn der ganze
Strom unserer Auswanderung in deutsche Schutzgebiete geleitet werden
könnte. Etwa sieben Millionen Deutsche mögen allein im 19. Jahr—
hundert ausgewandert sein. hätten wir zu Beginn dieser Zeit so wie
England ein zur Aufnahme dieser Auswanderer geeignetes Kolonialland
gehabt, welche Bedeutung würde das jetzt für unsere Nation haben!
Die Ausgewanderten wären vor dem Aufgehen in fremdem Volkstum
— dem Schicksal wenigstens eines großen Teils von ihnen — bewahrt
geblieben und hätten nicht dazu beigetragen, unsere Nebenbuhler, nament—
lich die Nordamerikaner, durch die große Menge von Wissen und Arbeits⸗
kraft, die sie ihnen zuführten, wirtschaftlich zu kräftigen. Nun nennt
Deutschland zwar einen Kolonialbesitz sein eigen, der etwa fünfmal so
groß ist als das europäische Reichsgebiet, aber das Land ist leider nicht
in dem wünschenswerten Umfang zur Besiedelung mit weißer Bevölkerung
geeignet. Es wenden sich also — und so wird es wohl auch vorläufig
bleiben — die meisten deutschen Auswanderer immer noch fremdsprachigen
Gebieten zu. Bei ihnen sucht man durch die Unterstützung deutscher
Schulen, durch die Förderung deutscher Vereine, Zeitungen u. a. den Abfall
von der heimatlichen Sprache und Sitte möglichst hintanzuhalten.
Endlich hat sich bei den verbündeten deutschen Regierungen und der
Mehrheit unseres Volkes die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Stellung,
die Deutschland jetzt in der Weltwirtschaft einnimmt, ihnen die Pflicht auf—
erlegt, für eine starke Flotte zu sorgen. Ein Krieg mit Deutschland soll,
wie es in der amtlichen Denkschrift vom Jahre 1900 heißt, auch für
den seemächtigsten Gegner mit derartigen Gefahren verbunden sein, daß
seine eigene Machtstellung in Frage gestellt wird. Der Bau einer solchen
Flotte ist durch das Flottengesez von 1900 gesichert. Wohl werden
dadurch dem deutschen Volke, das schon für sein Heer große Opfer bringt,
neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Aber sie erscheinen im Hinblick
auf das, was auf dem Spiele steht, unerläßlich.