Full text: Für die oberen Kurse (Teil 3, [Schülerband])

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hn an, beide, weil sie ihn für einen Spanier halten. Während 
die Italiener seine Einfachheit priesen, wenn er unter einem glän— 
en und reichgekleideten Gefolge selber in einem unscheinbaren 
Mantel in ihre Städte eintritt, fanden die Deutschen auch an 
solchen Dingen etwas auszusetzen. Als er vor Naumburg von 
einem Negen überrascht war, ließ er sich sein altes Barett aus 
der Stadt holen und nahm das neue, das er trug, indes unter 
den Arm. „Armer Kaiser, dachte ich,“ sagte ein Chronist, „der 
Tonnen Goldes verkriegt und um eines sammtenen Käppchens 
willen im Regen hält!“ Genug, in Deutschland ward ihm nie 
recht wohl. Die Entzweiungen nahmen alle seine Thätigkeit hin, 
ohne ihm Ruhm zu gewähren; das Klima war seiner Gesundheit 
nachteilig; er kounte die oberdeutsche Sprache nicht recht; die 
Mehrzahl der Nation mißverstand ihn und war ihm abgeneigt. 
Sein Leben fing spät an, selbständig zu werden und ging 
ihm früh dahin. Im vierzigsten Jahre fuͤhlte er seine Kraft 
schon halb gebrochen. Es mangelte ihm das alte Vertrauen 
sich felbst und zu seinem Glück, und es ist bemerkenswürdig, 
aß er fich seiner Begegnisse vor diesem Jahre besser zu erin— 
nern wußte als der nachfolgenden, obwohl dieselben soviel neuer 
waren. Seitdem griff ihn besonders die Gicht an. Er mußte 
meist in der Sänfte reisen. Zuweilen brachte er zwar noch 
einen Hirsch, ein wildes Schwein von der Jagd; doch gewöhn⸗— 
lich mußte er sich begnügen, mit der Büchse ins Holz zu gehen 
und nach Krähen und Dohlen zu schießen. Sein Vergnügen 
war zuhause, wo ihm der Narr hinter seinem Tische zuweilen 
ein uhe Lächeln abnötigte, wo ihn sein Hofmeister mit 
treffenden Antworten reizte und ergötzte. Doch immer heftiger 
etzte ihm die Krankheit zu. Die rieten ihm dringend, 
Deutschland zu verlassen; die steigende Verwirrung der Geschäfte 
hielt ihn in diesen Gegenden fest. Da entwickelte sich ein Hang 
zu schwermütiger Einsamkeit, der lange in ihm gewesen, zu 
überwiegender Stärke. Karl sah niemand, wen er nicht aus⸗ 
drücklich hatte rufen lassen. Oft war er unmutig, nur zu unter— 
schreiben. Selbst einen Brief zu eröffnen, machte ihm Schmerzen 
In der Hand. Als seine Mutter gestorben, glaubte er zuweilen 
ihre Summe zu vernehmen, die ihn rufe, nachzukommen. In 
diesem ne entschloß er sich, das Leben zu verlassen, ehe 
er noch starb. 
6. Vallensteins Tod. 
Friedrich von Schiller: Geschichte des dreißigjährigen Krieges. 
Indem Wallenstein von Eger aus die Unterhandlungen 
mit dem Feinde lebhaft betrieb, die Sterne befragte und ungen
	        
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