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Naturwissenschaften indirekt nach demselben Ziele, indem sie
den Menschen von den auf ihn eindrängenden Notwendigkeiten
der Außenwelt mehr und mehr zu befreien suchen. Jeder ein—
zelne Forscher arbeitet in seinem Teile, er wählt sich diejenigen
Aufgaben, denen er vermöge seiner geistigen Anlage und seiner
Bildung am meisten gewachsen ist. Jeder einzelne muß aber
wissen, daß er nur im Zusammenhange mit den andern das
große Werk weiter zu fördern im stande ist, und daß er des—
halb verpflichtet ist, die Ergebnisse seiner Arbeit den übrigen
möglichst vollständig und leicht zugänglich zu machen.
IV. Aufsätze im Anschluß an die Lektüre.
1. Beschreibung des Glockengulsses.
Nach Gude: Erläuterungen deutscher Dichtungen. 3. Reihe. 1875. Leipzig.
F. Brandstetter.
Soll eine Glocke gegossen werden, so wird zunächst die
Glockenform errichtet. Dieselbe bildet man aus einem Lehm,
der weder thonartig, fett, noch zu sandig sein darf und gehörig
von fremden Körpern, Steinen und dergleichen gereinigt sein
muß. Die Form großer Glocken wird in einer dicht vor dem
Gießofen ausgegrabenen, vierseitigen Grube, der sogenannten
Dammgrube, lotrecht errichtet. Man schlägt zunächst einen
Pfahl an der Stelle ein, welche den Mittelpunkt der Form
bilden soll, und mauert um den Fuß desselben ein kreisrundes
Fundament aus Ziegelsteinen als Stand für die Form. Auf
dem Stande wird dann der Kern, die innere Form, aufge—
mauert, an deren Außenfläche sich die inwendige Fläche der
Glocke anlegen soll. Der Kern wird ebenfalls aus Ziegeln
gemacht und mit Lehm bekleidet, wobei oben eine Offnung bleibt.
Durch Umdrehung einer Schablone, d. i. eines Brettes, woraus
man den halben Durchriß der innern Glocke ausgeschnitten, wird
der überflüssige Lehm der Verputzung hinweggenommen und
damit so lange fortgefahren, bis der Kern genau die Gestalt
hat, welche die Glocke inwendig haben soll. Bevor eine neue
Lehmschicht aufgetragen wird, muß die frühere erst völlig trocken
sein, was man durch Kohlenfeuer im Innern des Kerns be—
wirkt. Ist, die Austrocknung des Kerns gründlich vollendet, so
folgt das Aschern desselben, d. h. das Überwaschen des Kerns
mit einer aus Wasser und gesiebter Asche bestehenden Tünche
mittels eines Pinsels. Der Kern ist dann wohl geraten, wenn