Full text: [Band 5 = 5. Schuljahr, [Schülerband]] (Band 5 = 5. Schuljahr, [Schülerband])

74 
ein auf seinen rastlosen Wanderzügen aufgelesenes Kristallbruch- 
stück, eine zierliche Versteinerung oder eine Schnur aufgereihter 
Perlen aus Zähnen, Bein oder Bernstein sind die ersten Erzeugnisse 
menschlichen' Kunstfleißes im Dienst einfacher Schönheitspflege 
und einer uranfänglichen Kunst. In dem Maße, wie der Mensch 
auf der steilen Leiter der Kultur und Bildung fortschreitet, nimmt 
auch seine Vorliebe für Schmuck und Zierat zu, und noch ehe er 
sich die Metalle dienstbar gemacht, ehe er selbst das Waschgold kennen 
gelernt hat und dasselbe zu schmieden und zu verarbeiten fähig 
geworden ist, finden wir ihn im Besitze von allerlei Zierat, besonders 
aus dem Mineralreich. Die Steine mit ihrer Härte und Wider¬ 
standsfähigkeit eigneten sich eben, falls sie im übrigen durch kräf¬ 
tige Farbe und äußere Schönheit auffielen, mehr zu dauernden: 
Schmuck als die meist vergänglichen Erzeugnisse der andern Natur¬ 
reiche. 
Die Wertschätzung der Mineralien, die wir als Edel- und 
Schmucksteine bezeichnen, hat aber noch eine andere Quelle. Eng 
verbunden mit der Empfindung für die Schönheit dieser Natur¬ 
gegenstände können wir bis in die ältesten Zeiten hinein Vorstel¬ 
lungen verfolgen, die noch heute nicht vollkommen abgestorben 
sind, Vorstellungen, die in den großen Kreis des Aberglaubens 
gehören. Der Zug, der durch die gesamte Geschichte der Menschheit 
geht, Naturkörper als beseelte Wesen sich vorzustellen, hat auch 
die zum Schmuck dienenden Stoffe von jeher umfaßt. Ein seltener 
Stein mußte auch seltene Eigenschaften haben, ein schöner Stein 
mußte dem Träger Glück bringen und so finden wir denn seit Urzeiten 
mit dem Tragen seltener Mineralien die Idee einer Einwirkung 
derselben auf den Träger verknüpft. Im Volksaberglauben sind 
diese Vorstellungen noch immer lebendig. Sie finden sich in den 
Namen der Edelsteine vielfach wieder und noch heute kann man 
hören, daß der Opal dem Träger Unglück bringe und daß ein farb¬ 
loser Diamant ihn widerstandsfähig gegen Furcht und glücklich in 
seinen Unternehmungen mache. 
Sind auch die Schmuckmaterialien heute äußerst mauuig- 
faltiger Art, so nehmen doch unter ihnen die Schmucksteine und be¬ 
sonders das, was wir unter dem Namen-der Edelsteine zusammen¬ 
fassen, einen wichtigen Platz ein. Das ist vollkommen begreiflich, 
denn das edle Metall ist als solches eine Masse, von der jedes Stück 
an sich so gut ist wie das andere; erst durch die Verarbeitung ge-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.