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Maintenon stellten ihm vor, daß er große Gnade bei Gott erlangen
werde, wenn er so viele Sünder zum wahren Glauben zurückführe.
Ludwig wandte zuerst alle möglichen Mittel an, um die hugenotti.
scheu Edlen, die im Heere dienten, durch Hoffnungen und Belohnungen
zum Uebertritt zu bewegen. Dieses Verfahren gelang ihm sehr gut.
Gegen die Masse der Hugenotten ergingen eine Reihe drückender
Verordnungen. Es wurde ihnen verboten, ihre Todten bei Tage zu be-
graben, sie wurden vieler Aemter und Ehrenstellen für unfähig erklärt, für die
Aufnahme in die Gewerke wurde das Bekenntniß des katholischen Glau-
bens verlangt, die zum Katholicismus Uebergetretenen wurden von der
Bezahlung ihrer Schulden gegen ihre im Protestantismus beharrenden
Gläubiger befreit, die Kinder der Hugenotten wurden zu den höheren
Schulen nicht zugelassen, den katholischen Geistlichen wurde das Recht
gegeben, die protestantischen Kinder, selbst gegen den Willen ihrer El¬
tern , zum Uebertritt zu bewegen, den Protestanten wurden Soldaten in
die Häuser gelegt. Die chambr68 mi- parties wurden aufgehoben. Es
war dies ein während der Religionskriege errungenes Privilegium, nach
welchem bei Klagen von Katholiken gegen Hugenotten die mit der höhe¬
ren Instanz beauftragten Kammern der Parlamente zur Hälfte aus re-
formirten Räthen bestehen sollten. Der Uebertritt vom Katholicismus
zum protestantischen Glauben wurde verboten, ebenso die gemischten
Ehen. Der König wies Summen an, um die Kosten der zu errichten-
den Missionen zu bestreiten und die zur katholischen Kirche Bekehrten zu
belohnen. Die Bischöfe bearbeiteten aus alle Weise die in ihren Spren¬
geln lebenden Reformirten, und bald konnten sie große Listen der Be¬
kehrten einsenden. Die Rückkehr der Uebergetretenen zu dem alten Glau¬
ben wurde mit Verbannung uüd Confiscation des Vermögens, sogar
mit dem Tode bestraft. Die Intendanten machten den Reformirten den
Willen des Königs bekannt, daß sie katholisch werden sollten. Wer sich
weigerte, dem wurden Dragoner ins Haus gelegt, und diese zügellosen
Soldaten mißhandelten unschuldige Männer und Frauen bis aufs Blut.
Die Kirchen der Reformirten wurden an verschiedenen Orten niedergeris¬
sen, die Prediger nicht mehr geduldet und zum Theil hingerichtet. In
die Häfen und Grenzstädte wurden strenge Befehle geschickt, alle Perso¬
nen, die Frankreich verlassen wollten und keine Zeugnisse von ihren Bi¬
schöfen hätten, anzuhalten und als Staatsverbrecher zu behandeln.
Alle Vorstellungen und Bitten der Reformirten bei den Intendan¬
ten, Gouverneuren, beim Staatsrathe sowie beim König blieben ohne
Erfolg. Eine reformirte Kirche nach der andern ward niedergerissen, eine
Schule nach der andern aufgehoben; die Collegien und Seminarien der
Hugenotten wurden den Jesuiten übergeben. Vergebens verwendeten sich der
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und die Königin Christine
von Schweden für die Hugenotten, vergebens erklärte selbst der Papst Inno-
cenz, daß sich Christus einer solchen Bekehrungsart nicht bedient habe.
Die Verfolgungen wurden immer heftiger. Die Verwendung der Trup¬
pen zur Bekehrung in Verbindung mit den Gewaltthätigkeiten der Beam¬
ten und mit jesuitischer Mission hatte den gewünschten Erfolg. Die Ge-
waltsamkeiten, die von den rohen Soldaten drohten, erregten Furcht,
und bei der Annäherung der Truppen ergriff die friedlichen Hugenotten
allgemeiner Schrecken. Tausend und aber Tausende verließen den Glauben