41
Durch seine Gegenstellung erst ergänzt er die anderen Finger,
wie er ihnen Kraft und Halt gibt, und der Name: „Gegenhand",
mit welchen ihn die Griechen bezeichnen, ist durchaus gerecht¬
fertigt. Der Verkürzung desselben mag die größere Länge des
Mittelfingers entsprechen, um welchen die übrigen Finger sich
abstufend gruppieren. Die Gelenkverhältnisse sind, unerachtet
der überall wiederkehrenden Dreizahl, überall ungleich. Aber
gerade auf diesem Wechsel der Architektonik beruht sowohl die
zauberische Beweglichkeit als die tiefsinnige Schönheit der Hand.
Doch diese Knochen bedeuten nichts als ein totes Gerüst -
und gewinnen erst Leben im Verbände der Muskeln und Nerven.
Dem Anatomen ist vorbehalten, das zarte Geflecht dieser Fäden,
die von den äußersten Fingerspitzen bis zum letzten Sitze bewußter
Empfindung zurückführen, zu entwirren, das straffe Tauwerk
jener Stränge, die sich bald kreuzen, bald zusammenrollen, bald
teilen, bald wieder vereinigen, bald am Ende, bald in der Mitte des
Knochens befestigt sind, in seiner ganzen Verkettung zu erkennen.
Hier genüge die Andeutung, daß bei weitem die meisten der
Muskeln, welche Hand und Finger in Bewegung setzen, von der
Speiche ausgehen und in jene nur lange, dünne Sehnen hinab¬
schicken. Im Unterarme liegt daher das eigentliche Triebwerk
der Kraft; aber es stellt sich willig in den Dienst der Hand, ohne
eben diese selbst unverhältnismäßig zu vergrößern. Und indem
nicht nur jene Sehnen, sondern zugleich alle in die Hand ein¬
tretenden Nerven und Blutgefäße so wohl geschützt verlaufen,
daß sie sogar bei starkem Drucke unverletzt bleiben, erkennt sich
schon hieraus der bewundernswürdige Bau dieses Gebildes,
dem nun auch die Wirkungen entsprechen. Dieselben sind in der
Tat nicht minder staunenswert. Der Matrose, der mit einer
Hand an der schwankenden Strickleiter hängt und mit der andern
einen Mast kappt, und die hindostanische Spinnerin, die durch
bloße Berührung an dem Kokonfaden zwanzig verschiedene
Grade der Feinheit erreicht, geben von der Kraft- und Gefühls¬
entwicklung des Organes Beispiele, für die sich zahlreiche andere
und zum Teil weit auffälligere hätten beibringen lassen. — Von
dien weiteren Bemerkungen physiologischer Art abgesehen, sei
nur noch erwähnt, daß die Summe sämtlicher Arm- und Hand-