Full text: Von den Uranfängen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts (Abteilung 1, [Schülerband])

168 
Hätte der Zahnarzt aus diesem Tone gesprochen, so hätt' er 
gesprochen wie ein ehrliebender und billiger Mann. Der Eseltreiber 
hätte ihm für die halbe Drachme noch ein Gott vergelt's! gesagt; 
und die Stadt Abdera wäre des ungewissen Nachruhms, den ihr 
mein Gegenteil von diesem Eselsprozetz verspricht, und aller der 
Unruhen, die daraus entstehen mutzten, sobald sich so viele grotze 
angesehene Herren und Damen in die Sache mischten, überhoben 
gewesen. Statt dessen setzt sich der Mann auf seinen eigenen Esel, be¬ 
steht auf seinem bodenlosen Rechte, sich vermöge seines Mietkontrakts 
in des Esels Schatten zu setzen, so oft und so lange er wolle, und 
bringt dadurch den Eseltreiber in die Hitze, datz er vor den Stadt¬ 
richter läuft und eine Klage anbringt, die ebenso abgeschmackt ist 
als die Verantwortung des Bettagten. 
Ob es nun nicht, zur Statuierung eines lehrreichen Beispiels, 
wohl getan wäre, wenn dem Sykophanten Physignatus, meinem 
wertesten Kollegen — als dessen Aufhetzung es ganz allein zuzu¬ 
schreiben ist, datz der Zahnbrecher den von dem ehrwürdigen Stadt¬ 
richter Philippides vorgeschlagenen billigen Vergleich nicht einge¬ 
gangen— für den Dienst, den er dem abderitischen gemeinen Wesen 
dadurch geleistet, die Ohren gestutzt und allenfalls, zum ewigen 
Andenken, ein Paar Eselsohren dafür angesetzt würden; ingleichen, 
was für einen öffentlichen Dank der ehrwürdige Zunftmeister Pfriem 
und die übrigen Herren, die durch ihren patriotischen Eifer Ol ins 
Feuer gegossen, für ihre Mühe verdient haben möchten: überlätzt 
der erlauchte Erzpriester, mein Prinzipal, dem eigenen einsichtsvollen 
Ermessen des höchsten Gerichts der Vierhundert. Er seines Ortes 
wird, als angeborener Oberherr und Richter des Eseltreibers An¬ 
thrax, nicht ermangeln, ihm, zu wohl verdienter Belohnung seines 
in diesem Handel bewiesenen Unverstands, unmittelbar nach geendig¬ 
tem Prozetz fünfundzwanzig Prügel zuzählen zu lassen. Da aber 
darum das Recht des mehr besagten Eseltreibers, wegen der von 
dem Zahnarzte Struthion erlittenen Ungebühr, wegen des Mitz- 
brauchs, den dieser von seinem Esel gemacht, und wegen der Weige¬ 
rung einer billigen Vergütung des verursachten Zeitverlusts und 
Deterioration seines lastbaren Tieres, Genugtuung zu fordern, nichts¬ 
destoweniger in seiner ganzen Kraft besteht: so begehret und erwartet 
der erlauchte Erzpriester von der Gerechtigkeit dieses hohen Gerichts, 
datz seinem Untertanen ohne längeren Aufschub die gebührende voll¬ 
ständigste Entschädigung und Genugtuung verschafft werde. 
Euch aber (setzte er hinzu, indem er sich umdrehte und gegen 
das Volk kehrte) soll ich im Namen Jasons ankündigen, datz alle die¬ 
jenigen, die auf eine ungebührliche und aufrührerische Art an der 
bösen Sache des Zahnbrechers Anteil genommen, so lange, bis sie 
dafür gebührenden Abtrag getan haben werden, von den Wohltaten, 
die der Tempel Jasons alle Monate den armen Bürgern zuflietzen 
lätzt, ausgeschlossen sein und bleiben sollen."
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.