Man brachte mich als Halbarrestanten nach der Festung Ziegen-
hain, wo der Jammergesährten aus allen Gegenden schon viele lagen,
um mit dem nächsten Frühjahr nach Fawcets* Besichtigung nach Ame¬
rika zu gehen. Ich ergab mich in mein Schicksal und suchte das beste
5 daraus zu machen, so schlecht es auch war. wir lagen lange in
Ziegenhain, ehe die gehörige Anzahl von Rekruten vom Pfluge und
dem Heerwege und aus den Werbestädten zusammengebracht war. Die
Geschichte ist bekannt genug; niemand war damals vor den Hand¬
langern des Landgrafen sicher; Überredung, List, Betrug, Gewalt, alles
10 galt. Man fragte nicht nach den Mitteln zu dem verdammlichen
Zwecke; Fremde aller Art wurden angehalten, eingesteckt, fortgeschickt.
Mir zerriß man meine akademische* Inskription* als den einzigen Aus¬
weis meiner Persönlichkeit. Am Ende ärgerte ich mich weiter nicht.
Über den Ozean zu schwimmen, war für einen jungen Kerl einladend
iS genug, wo so viele durchkommen, wirst du es auch, und zugehen
gibt es jenseits auch etwas. So dachte ich. während unseres Aufenthalts
in Ziegenhain benutzte mich der alte General Gore als Schreiber und
behandelte mich mit vieler Freundlichkeit, hier war denn ein wahrer
Mischmasch von Menschenseelen zusammengeschichtet, gute und schlechte,
20 und andere, die abwechselnd beides waren. Meine Kameraden waren
noch ein verlaufener Musensohn* aus Jena, ein bankerotter* Kaufmann
aus Wien, ein Posamentier* aus Hannover, ein abgesetzter Postschreiber
aus Gotha, ein Mönch aus Würzburg, ein Gberamtmann aus Mei¬
ningen, ein preußischer Husarenwachtmeister, ein kassierter* hessischer
25 Major von der Festung und andere von ähnlichem Stempel*. Man
kann denken, daß es an Unterhaltung nicht fehlte.
Da es den meisten gegangen war wie mir oder noch schlimmer,
entspann sich bald eine Verschwörung zu unser aller Befreiung. Man
hatte so viel Zutrauen zu meinen Einsichten und meinem Mut, daß
30 man mir Leitung und Kommando* mit uneingeschränkter Vollmacht
übertrug. Ich ging bei mir zu Kate und war nicht übel willens, den
Ehrenposten anzunehmen, die fünfzehnhundert Mann in die Freiheit
zu führen und sie dann in Ehren zu entlassen, einen jeden seinen weg.
Außer dem glänzenden Antrage kitzelte es mich vorzüglich, dem Land-
35 grafen für seinen Seelenschacher* einen Streich zu spielen, an den er¬
denken würde, weil er verteufelt viel kostete. Als ich so ziemlich ent¬
schlossen war, kam ein alter preußischer Feldwebel vertraulich zu mir.
„Junger Mensch," sagte er, „Sie eilen unvermeidlich in Ihr Verderben,
wenn Sie den Antrag annehmen. Selten geht eine solche Unterneh-
40 mung glücklich durch; der Zufälle, sie scheitern zu machen, sind zu viele.