Full text: [Untersekunda, [Schülerband]] (Untersekunda, [Schülerband])

Himmel der schneeweiße Kegel des Fudschijama*. Nach voll¬ 
endetem Umritt stellte sich der Kaiser mit dem Gefolge vor 
dem Kaiserzelt auf, und die Parade begann. Unter klingen¬ 
dem Spiel zogen die Truppen vorbei. Sie waren alle, Offi¬ 
ziere und Mannschaften, von tiefem Ernst erfüllt und machten 
ihre Sache vortrefflich. Die kleinen sehnigen Leute marschieren 
ganz anders wie unsere Truppen; sie dröhnen nicht macht¬ 
voll vorüber, sondern sie vibrieren* geradezu vor lauter Elasti¬ 
zität*. Besonders fiel die Schneidigkeit des Auftretens bei 
der Feldartillerie auf. Aber nichts Theatralisches, wie so oft 
bei den Truppenrevuen romanischer Völker, war zu sehen. 
So war denn auch der Schluß der Parade ohne besonderen 
Effekt*. 
Ich habe viele japanische Offiziere kennen gelernt und 
war stets über ihren Lerneifer und ihre Bildung erstaunt. 
Als ich einst in einer an Sehenswürdigkeiten reichen Stadt 
herumschlenderte, sprach mich ein junger Japaner an, der die 
Mütze eines Kadetten* trug: „Sie sind ein Deutscher, mein 
Herr?" — „Jawohl!" — „Sie wollen die Sehenswürdigkeiten 
dieser Stadt besichtigen?" — „Gewiß!" — „Erlauben Sie 
dann, daß ich Sie führe und Ihnen einiges zeige?" — „Danke 
vielmals, ich wünsche keinen Fremdenführer!" — „O nein, 
nicht als Fremdenführer; es wäre mir ein Vergnügen, Sie zu 
führen." Das war so nett und höflich angeboten, daß ich ihn 
nicht abweisen konnte. Nachdem er längere Zeit mit mir 
gegangen war und dabei unablässig in einem gar nicht unge¬ 
wandten Deutsch sich mit mir unterhalten hatte, verabschiedete 
ich mich von ihm und dankte ihm für seine aufmerksame 
Führung. Aber er erwiderte: „O, ich habe Ihnen zu danken, 
daß Sie mir Gelegenheit gaben, mich in der deutschen Sprache 
zu üben." Diese Geschicklichkeit im Ausnützen der Gelegen¬ 
heiten zum Lernen ist charakteristisch* für den talentvolleren 
jungen Japaner. 
Aber auch die Kinder des Volkes zeigten überall den 
Trieb, sich in der umgebenden Natur zu orientieren*. Sie 
waren mir, dem Naturforscher, die eifrigsten Gehilfen. Wenn 
ich in einem Dorfe mein Quartier aufschlug, waren meine 
Fischkästen und Sammelgeräte stets von ihnen umringt. Sie 
kannten die meisten Tiere, sie hatten einen eigenen Namen 
für sie alle. Bald streiften sie in Wald und Feld umher und 
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