156
beim Anschauen der Skizze geäußert hatten, war verschwunden,
der Eindruck überwältigend, die Begeisterung allgemein. Selbst
der Vorstand der Erzgießerei schrieb nach Weimar, daß von den
mehr als hundert Standbildern, die unter seiner Leitung gegossen
worden, nicht eines die Beschauer und ihn selbst zu solcher Be¬
wunderung hingerissen habe wie dieses herrliche Kunstwerk.
Am 4. September 1857, dem hundertjährigen Geburtstag
Karl Augusts, des edeln Freundes und Gönners der beiden
Dichterfürsten, fand endlich in Weimar die Enthüllung des
Monumentes statt. Eine unermeßliche Menge füllte den Fest¬
platz; Kopf an Kopf gedrängt, harrten die Teilnehmer des Augen¬
blicks , da die Gestalten jener Männer vor ihnen erscheinen
sollten, die einst hier gelebt und gewirkt, die ihre Eltern und
Großeltern im Leben gesehen und gekannt, und von denen sie
ihnen mit freudigem Stolze so oft erzählt hatten. Endlich erschien
der Großherzog mit seiner Gemahlin, seinen Gästen und dem
Hofstaat. Es wurde eine kurze Ansprache gehalten, — ein
Trompetenstoß — die Hülle fiel, und im Sonnenglanze standen
sie da in Erz gegossen, unvergänglich, groß und herrlich wie ihre
Werke, — groß und herrlich nicht nur durch das, was der ein¬
zelne geschaffen, sondern durch jene seltene Vereinigung beider
Genien, welche der Meister so glücklich auszudrücken gewußt.
Tausendstimmiger Jubel erschallte und wollte nicht enden; bald
aber suchten die Blicke, die bewundernd auf dem Meisterwerke
ruhten, auch den Schöpfer desselben. Beide Hände auf die Brust
gedrückt, stand er unter der Menge, tief im Innersten bewegt;
was sein Gemüt in diesem Augenblick erfüllte, war Dank gegen
den, von dem alles Gute kommt.
Als nun der Großherzog von der Empore herab den Künstler
zu sich rief, ihn dann bei der Hand faßte und nach der Ver¬
sammlung hinwendete, da ertönte neuer Jubelruf. Es war ein
weihevoller Augenblick, als der Enkel Karl Augusts gleichsam
im Namen der ganzen Nation dankend des Meisters Hände
ergriff, die so Herrliches geschaffen und die äußere Erscheinung
jener großen Geister verewigt hatten, deren Namen mit dem
seines großen Ahnherrn und seiner Heimatstätte für alle Zeiten
verknüpft sein werden. I. Stieler.