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btflflen und schändlichsten Personen wurden oft unter die Frei-
schöppen aufgenommen. Daher erhoben sich von allen Seiten
Klagen über den argen Mißbrauch der Gerichte. Vergebens
bemüheten sich mehre Kaiser, denselben abzustellen. Die Kla-
gen wurden noch lauter, als ue ihre Gewalt nach und nach
über das ganze Reich ausdehnten und auch solche Sachen und
Personen vor ihre Stühle zogen, über die ihnen gar kein Recht
zustand. Mehre Fürsten, Ritter und Städte schlössen deshalb
förmliche Bündnisse gegen sie. Erst die Einführung einer
besseren Rechtspflege im sechzehnten Jahrhundert und die festere
Begründung der Landeshoheit der Fürsten beschränkten den
furchtbaren Wirkungskreis dieser Gerichte und ließen sie endlich,
a:s nicht mehr angemessen der vorgeschrittenen Bildung der
Z'it, völlig untergehen.
Besonders gewann die deutsche Rechtspflege durch die Ein-
sührung des römischen Rechts. In diesem fand man
bie Auflösung und Entscheidung aller verwickelten Rechtfälle,
auf welche die bisherigen, auf das alte, weit einfachere Volks-
leben sich beziehenden vaterländischen Gesetze unmöglich hatten
Rücksicht nehmen können. Aus allen Staaten eilten seitdem
lernbegierige Jünglinge nach Italien, um sich mit dem neuen
Rechte bekannt zu machen. Auf der Hochschule zu Bologna,
wo vorzüglich das römische Recht gelehrt wurde, fanden sich
Tausende von Jünglingen aus allen Staaten ein, wie früher
bemerkt wurde. Dieses Studium des römischen Rechts half dem
Bürgerstande mächtig empor. Durch dieses entriß er der Geist-
lichkeit den alleinigen Besitz gelehrter Kenntnisse. Der Adel,
dvr es seiner würdiger hielt, sich in den Waffen zu üben, als
sich mit der mühsamen Erlernung eines fremden Rechtes zu be-
schäftigen, zog sich seitdem mehr und mehr von der richterlichen
Beschäftigung zurück uud überließ zuletzt die ganze Gerichtsver-
waltung dem Bürgerstande.
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