Full text: [Band 3 = 3. Schuljahr, [Schülerband]] (Band 3 = 3. Schuljahr, [Schülerband])

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Schroffer Wechsel von dichtem Wald und kahlen Kalkgebirgen 
bildet den Charakter der oberalbanischen Landschaft und denselben 
Wechsel hat man in Klima und Vegetation beobachtet. In den 
tiefen Tälern gedeihen Kastanien, Weinreben, Feigen und Granaten .., 
die Höhen behauptet die nordische Buche und scharf schneidet die 
Baumgrenze gegen die Firnflecken der Hochregion ab. Sehr merk¬ 
würdig ist auch die Gebirgsformation des Landes; nach der Küste 
hin durch eine Reihe von Gebirgswänden abgeschlossen, ist das ganze 
Innere erfüllt von dem Dinarischen Faltengebirge mit einem dichten 
Netz von tiefeingeschnittenen Talschluchten und hohen Gebirgsgraten, 
die von wenigen paßartigen Einschnitten unterbrochen werden. 
Damit hängt auch der eigentümliche Bau der Flußtäler zusammen, 
die fast alle von steil abfallenden Felswänden gebildet werden, so 
daß sie den Charakter von Klammen gewinnen. Dann freilich 
öffnen sich wieder die schluchtartigen Täler zu freundlichen und 
fruchtbaren Feldern und Wiesen. 
Dieser Alpennatur entspräche auch der Charakter und die Be¬ 
schäftigung der Bewohner, wenn Albanien ein wirtschaftlich er¬ 
schlossenes Land wäre. Der Haupterwerbszweig des oberen Albaniens 
ist die Viehzucht, besonders in der Landschaft Maleija, wo man 
Almen und Sennhütten findet — letztere aus!Steinen und Ästen 
errichtet — und wo die ganze Bevölkerung den Sommer hoch oben 
im Gebirge verbringt, während die Täler entvölkert sind. 
Im übrigen liegt das wirtschaftliche Leben völlig brach, wie 
es ja nicht anders sein kann in einem Lande, wo es an allen ge¬ 
eigneten Verkehrsmitteln fehlt. So bleibt der gewaltige Holzreichtum 
völlig ungenützt und in ganz Oberalbanien gibt es nicht eine einzige 
Sägemühle, so daß alles Schnittholz aus Bosnien importiert 
werden muß. 
Dieser wirtschaftliche Tiefstand in Verbindung mit der geschilderten 
Eigenart des Gebirgsaufbaues hat nun Verhältnisse geschaffen, die 
weit entfernt sind nicht nur von unseren Begriffen eines friedlich¬ 
idyllischen Gebirgslebens, sondern von allem, was überhaupt euro¬ 
päisch genannt wird. 
Die Stammeszerklüftung ist eine der merkwürdigsten 
und verhängnisvollsten Folgen der Gebirgsnatur Albaniens: jedes 
der Faltentäler des Drin und seiner Nebenflüsse ist von je einem 
Stamm bewohnt, der sich gegen den Nachbarstamm streng abschließt, 
ja mit ihm in Fehde lebt. So ist ganz Oberalbaniens Bevölkerung
	        
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