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89. Der altertümliche Sessel. 
Im Zimmer meines Großvaters steht ein schöner, alter Sessel, 
den wir Kinder gewöhnlich den Großvaterstuhl nennen. Derselbe 
ist von dunkelbraunem Eichenholze, das jedoch nicht angestrichen ist, 
sondern vom hohen Alter diese ehrwürdige Naturfarbe erhalten hat. 
Die vier starken Füße sind kunstvoll geschnitzte Statuen, wovon jede 
den Himmel tragenden Atlas darstellt. Sie endigen daher an der 
Zarge des Sitzes in vier großen, dicken Kugeln, auf denen sich zwei 
langgestreckte, löwenartige Gestalten erheben, welche die beiden 
Armlehnen bilden. Die hohe, aus einem Stück bestehende Rücken¬ 
lehne zeigt erhabenes Schnitzwerk aus dem Leben des berühmten 
Herkules. Ihren Mittelpunkt bildet die Bewältigung des nemeischen 
Löwen. Die einzelnen Darstellungen sind ergreifend und größtenteils 
wohlerhalten; nur der nicht kunstverständige und doch so geschickte, 
aber grausame Holzwurm hat hin und wieder seine Löcher gebohrt. 
Der breite, bequeme Sitz besteht aus einem einfachen Polster mit sehr 
altertümlicher Stickerei. 
Wenn der gute Großvater mit seinen schneeweißen Haaren 
und seinem magern, aber doch so freundlichen Gesichte in diesem 
schönen Sessel sitzt, dann, meine ich, sähe er noch einmal so ehr¬ 
würdig aus. Wir Kinder hocken und knien dann um ihn herum 
und lauschen mit Freuden seinen Erzählungen aus alter, grauer 
Heldenzeit oder seinen liebevollen Belehrungen und spaßigen Rätseln, 
deren er immer neue und unterhaltendere bereit hat. Deshalb hat 
schon der Sessel für uns alle etwas sehr Ehrwürdiges und mein 
jüngster Bruder meinte neulich, solch ein Großvaterstuhl müßte doch 
wohl in jedem Hause sein. Nach Sommer. 
99. Als ich das erste Mal den Dampfwagen sah. 
Mein Pate Jochem war ein Mann, der alles glaubte, nur 
nicht das Natürliche. Er wollte mich einmal mitnehmen nach 
Mariaschutz am Semmering. „Meinetwegen," sagte mein Vater, 
„da kann der Bub' gleich die neue Eisenbahn sehen, die sie über 
den Semmering jetzt gebaut haben. Das Loch durch den Berg 
soll schon fertig sein." — „Behüt' uns der Herr," rief der Pate, 
„daß wir das Teufelszeug anschau'n! — 's ist alles Blendwerk, 
's ist alles nicht wahr." „Kann auch sein," sagte mein Vater und 
ging davon.