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Nun hat der müde Sylphe
Sich unters Blatt gesetzt
Und die Libell am Schilfe
Entschlummert taubenetzt.
Es ward dem goldnen Käfer
Zur Wieg' ein Rosenblatt;
Die Herde mit dem Schäfer
Sucht ihre Lagerstatt.
Tie Lerche sucht aus Lüften
Ihr feuchtes Nest im Klee
Und in des Waldes Schlüften
Ihr Lager Hirsch und Reh.
Wer sein ein Hüttchen nennet,
Ruht nun darin sich aus;
Und wen die Fremde trennet,
Den trägt ein Traum nach Haus-
Mich fasset ein Verlangen,
Daß ich zu dieser Frist
Hinauf nicht kann gelangen,
Wo meine Heimat ist.
F. Rückert.
61. Abendlied.
Schallendes Hämmern
Tief unten im Tal,
Streitendes Dämmern
Mit sterbendem Strahl;
Nahe wie ferne
Der Glocken Geläut',
Leuchtende Sterne
Am Himmel zerstreut!
Frieden und Schlummer,
Ihr kehret nun ein,
Scheuchet den Kummer
Und löset die Pein.
M. Greif.
62. Abcndlandschaft.
Der Hirt bläst seine Weise,
Von fern ein Schuß noch fällt,
Die Wälder rauschen leise
Und Ströme tief im Feld.
Nur hinter jenem Hügel
Noch spielt der Abendschein —
O hätt' ich, hätt' ich Flügel
Zu fliegen da hinein!
I. v. Eichendo rff.
63. Abendsegen.
Das ist des Abends Segen
Und seine stille Tat,
Daß Sturm und Kampf sich legen,
Wenn seine feuchten Schwingen
Hinschatten übern Pfad.
Das hat er vor dem Tage,
Daß er des Herzens Drang,
Daß Sorgen er und Plage
Besänftigt still mit mildem,
Mit süßem Schlafgesang,
Daß er mit dichtem Schleier
Des Landmanns Pflug umhüllt,
Mit stiller Dankesfeier
Die Hütten und die Herzen
Allüberall erfüllt.
«
H. Benzmann.