Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

86 Das Altertum. 
Centgraf hieß. Mehrere Hundertschaften bildeten den Gau; an der 
Spitze desselben stand der Gau graf oder Fürst. 
In regelmäßigen Versammlungen der Hundertschaften und des 
Gaues traten die Freien und Edlen zur Zeit des Neu- oder Vollmondes 
an der Malstatt zu gemeinsamer Beratung zusammen. Cent- und 
Gaugrafen leiteten die Versammlungen des Volkes, in denen wichtige 
Sachen beraten und die Rechtspflege geübt wurde. Alle freien Männer 
hatten das Recht, zu reden; stimmten sie dem gemachten Vorschlage zu, 
so schlugen sie mit den Waffen klirrend zusammen; im andern Falle 
erhoben sie ein lautes Murren. Die Strafe bestand meistens in Geld; 
sogar der Mord konnte mit Geld gesühnt werden. Todesstrafe gab 
es meistens nur für Unfreie und Landesverräter; diese wurden auf¬ 
gehängt. Feiglinge und unzüchtige Buben wurden in Sumpf und 
Moor geworfen; Kerker kannte man nicht. Außer Richtern gab es 
im Frieden keine Obrigkeit. War der Krieg beschlossen, so wurden 
alle waffenfähigen Männer aufgeboten; von Dorf zu Dorf, von Hof 
zu Hof wurde der Heerpfeil getragen. Ein solches Aufgebot nannte 
man den Heerbann. Den Tapfersten hob das Volk auf den Schild 
und begrüßte ihn als Herzog; -seine Würde währte aber nur so lange 
wie der Krieg. In der keilförmigen Schlachtordnung standen Freunde, 
Verwandte und Nachbarn nebeneinander; den einzelnen Stämmen 
wurden Bilder wilder Tiere als Feldzeichen voraufgetragen. Vor der 
Schlacht stimmten sie ein furchtbares Kriegsgeschrei au; mit unglaub¬ 
licher Tapferkeit focht Mann gegen Mann, von der Kriegskunst ver¬ 
standen sie nichts. Den Schild oder den Führer im Stich zu lassen, 
brachte Schande fürs ganze Leben. Die Kriegsbeute wurde gleich¬ 
mäßig verteilt; ein Teil derselben, auch der Gefangenen, wurde den 
Göttern geopfert. 
Außer den Freien und Edlen gab es auch Halbfreie und 
Hörige, die ihr Hans und Hof nicht als freies Eigentum besaßen, 
sondern von demselben an ihren Herrn eine jährliche Abgabe zahlen 
mußten. Die Unfreien ober Knechte, die meist Kriegsgefangene 
waren ober von solchen abstammten, konnten wie eine Ware verkauft 
oder vertauscht werden. 
e. Götterglauben und Gottesdienst der alten Deutschen. Die 
alten Deutschen verehrten wie alle Heiden viele Götter; der oberste der¬ 
selben war Wodan, der die Welt lenkte und den Helden den Sieg ver¬ 
lieh. Seine Gemahlin war Freia. Sie beschützte die Ehen, überwachte 
die Erziehung der Kinder und beschenkte die fleißigen Frauen. Der 
berühmteste Sohn Wodans war Donar, der den Donner und den Blitz, 
aber auch den fruchtbaren Regen auf die Erde sandte. An ein Leben 
nach dem Tode glaubten die Deutschen fester als alle anderen Heiden; 
darum fürchteten sie auch den Tod nicht. Die in ehrlichem Kampfe 
Gefallenen wurden nach ihrer Meinung von den Schlachtenjungfrauen, 
den Walküren, sofort wieder ins Leben gerufen und nach Walhalla,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.