Full text: Für die mittleren (beziehungsw. oberen) Klassen (Band 2, [Schülerband])

12. Der König und der Landmann. 
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2. So wallt er einst mit trübem 
Sinn 
Durch eine rauhe Wildnis hin; 
Der Himmel ist von Wolken schwer; 
Es regnet, schneit und stürmet sehr. 
Da zeigt, mit Moos bedeckt und alt. 
Ein einsam Kirchlein sich im Wald. 
Er zieht den Hut und geht hinein. 
Und schaurig Dunkel schließt ihn ein. 
3. Das Spitzgewolb', die Wand' 
umher 
Sind ohne Zierat, kalt und leer; 
Der kleine steinerne Altar 
Vielfältig grün vom Schimmel war. 
Des Kirchleins einziges Fensterlein 
Nimmt des Altarblatts Stelle ein. 
Und schwärzlich rot und ungestalt 
Sind alle Scheiben übermalt. 
4. „Psui," spricht der Mann, 
„welch garstig Stück 
Beleidigt hier den frommen Blick! 
Das malte wohl in Fieberwut 
Ein blinder Mann mit Ruß und Blut! 
Man sieht ja nichts als Fleck an Fleck; 
Nichts hat Bedeutung Sinn und Zweck; 
Ja dieses dunkle Chaos stellt 
Mir dar ein treues Bild der Welt." 
5. Indem der Pilger dieses spricht, 
Tie Sonne aus den Wolken bricht. 
Entzündet, wie mit einem Strahl, 
Des Glasgemäldes Farben all'. 
Ein Bild von wundersamem Glanz 
Erscheint in buntem Feuer ganz. 
Und der Kapelle düstre Nacht 
Erhöht noch mehr der Farben Pracht. 
6. Den feur'gen Dornbusch man 
erkennt. 
In dem der Name Gottes brennt; 
Beleuchtet von dem Wunderlicht, 
Liegt Moses auf dem Angesicht. 
* Sein Purpurkleid, des Mantels Blau, 
Der graue Fels, die grüne Au, 
Der weißen Schäflein zarte Schar 
Erscheinen lieblich, hell und klar. 
7. „Ha!" rief der Pilgrim, „welch 
ein Bild! 
Wie feuerreich und doch wie mild! 
Was dunkel und verworren war. 
Wie ist es nun so licht und klar! 
Was vorher ohne Zweck mir schien. 
Setzt wohlbedacht der Meister hin; 
j Kein Strichlein durste anders sein. 
Sollt' ich mich dieser Schönheit freu'n!" 
8. Auch seine düstre Seel' wird licht; 
Im Herzen tief die Stimme spricht: 
„Dem Bilde gleicht dein Lebenslaus. 
Geht einst die Wahrheitssonne auf, 
Daun wird, was dir verworren scheint. 
Zu einem Lichtgemäld' vereint. 
Trum glaube jetzt und bete an: 
Was Gott thut, das ist wohlgethan! 
12. Der König und der Landmnnn. 
Joh. Gabr. Seidl. 
Bifolien. 4. Aufl. Wien 1849. S. 75. 
1. Der Landmann lehnt in der. Hütt' allein 
Und blickt hinaus in den Mondenschein 
Und schaut empor zu des Königs Palast, 
Er weiß nicht, welch ein Gefühl ihn faßt.
	        
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