75. Chlodwigs Bekehrung zum Christentum.
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Würde. Als Chlodwig das sah, erhob er weinend die Hände zum Himmel
und sprach: „Jesus Christus, den Chlotilde den Sohn des lebendigen Gottes
nennt, der du den Unglücklichen helfen und denen, die auf dich vertrauen,
den Sieg gewähren sollst, ich flehe dich an um deine Hilfe; wenn du mir
den Sieg gewährst und wenn ich die Macht an dir erfahre, welche Chlotilde
und die andern Christen von dir aussagen, so will auch ich an dich glauben
und mich aus deinen Namen taufen lassen. Denn ich habe meine Götter
angerufen, aber ich erfahre, daß ihre Hilfe fern ist von mir; darum glaube
ich, daß sie keine Macht haben, da sie denen nicht helfen, welche sie an¬
rufen. Dich rufe ich jetzt an und will aus dich vertrauen, damit ich ge¬
rettet werde von meinen Feinden." Als er das sprach, wandten sich die
Alemannen zur Flucht. Ihr König fiel. Da traten einige zu Chlodwig
und sprachen: „Laß des Mordens jetzt genug sein; wir wollen dir ge¬
horchen." Da gebot Chlodwig, dem Kampfe Einhalt zu thun; er sammelte
sein Volk, und nachdem der Ostgotenkönig Theodorich zum Schutze der Be¬
siegten seine Boten mit Bitten und Warnungen geschickt hatte, kehrte Chlod¬
wig heim, um der Königin zu erzählen, daß er durch die Anrufung des
Christengottes den Sieg erhalten habe. Die Königin ließ sofort den Bischof
Remigius kommen, der den König im Christentume unterrichten sollte.
Als nun der Bischof Remigius dem Könige von Christi Leiden und Tod
erzählte, ward er zornig und ries: „Wenn ich an der Spitze meiner Franken
dagewesen wäre, so hätte ich alsbald seine Schmach gerächt." Da forderte
ihn Remigius aus, daß er nun mit seinem ganzen Volke sich zur Lehre
Christi bekennen sollte. Aber der König antwortete: „Ich werde gern deine
Lehren hören, heiliger Vater; aber mein Volk wird seine heimatlichen
Götter nicht verlassen wollen. Jedoch will ich gehen und deinem Rate
gemäß mit ihnen reden." Als der König zu dem Volke sprach, antworteten
diele: „Wir lassen ab von unsern vergänglichen Göttern und wollen dem
unsterblichen Gotte folgen, den Remigius predigt." Alsbald ward dann
das Taufbad bereitet und die Kirche reich geschmückt. Chlodwig schritt
Zuerst in das Bad, und der Bischof Remigius segnete ihn ein mit den
Worten: „Beuge dein Haupt, wilder Sigambrer; bete an, was du früher
mit Brand verheertest, und verheere, was du früher anbetetest." Auch die
Schwester Chlodwigs, Albofleda, ward getauft und außer diesen beiden viele
Franken. So war Chlodwig der erste katholische König unter den deutschen
Volksstämmen; denn die andern Könige waren alle Arianer. Einige Jahr¬
hunderte später entstand die Sage, daß zur Taufe Chlodwigs eine Taube
vom Himmel eine Flasche mit heiligem Ol gebracht habe, mit welchem die
Könige von Frankreich gesalbt wurden. Das Ol blieb durch alle Jahr-