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zu bitterm Biere gekocht wird, — oder zu dem Lebensende des Neffen Hafer,
der gar nur Pferden und Gänsen als Futter dient?
O, es ist gewiß ein trauriges Geschick, ein Getreidekorn zu sein!
70. Die Klatschrose.
O. Twiehausen. Allerlei für unsere Kleinen aus der Pflanzenwelt. Hilchenbach, 18900. S. 10.
Als der liebe Gott die Blumen erschaffen hatte, waren viele unter
ihnen unzufrieden. Den einen gefiel ihr Blattkleidchen nicht, den andern
nicht die Blüten, welche der liebe Gott darauf gesteckt hatte. Diesen waren
sie zu groß, jenen waren sie zu klein, die einen wünschten rote Blüten und
die andern blaüe oder gelbe oder weiße.
Und die Unzufriedenen murrten und murrten, am lautesten von allen
aber der Mohn.
Er hatte zwar ein schönes Kleidchen an mit vielen Puffen und einer
zierlichen Halskrause. Und die Blümlein darauf waren aus Himmelblau
und Sternengold wie die Blüte des Vergißmeinnichts.
Aber die dünkten dem Mohne viel zu klein und unscheinbar. Er wollte
Blüten haben wie die Rose.
Und ohne lange zu fragen, riß er sie von seinem Kleide und warf sie
in den Staub.
Doch ohne Blüten mochte er auch nicht sein.
Da zog nebenan im Garten die Rose ihr Sommerkleid an.
Und der Wind trug einige ihrer duftigen Blütenblättchen davon, und
sie fielen gerade vor dem Mohn zu Boden.
Schnell raffte er sie auf und machte sich eine Blüte daraus zurecht.
Und als am Morgen die Blumen aufwachten und sich den Schlaf
aus den Augen rieben, rief er ihnen jubilierend zu: „Seht meine Blüte!
Ich bin herrlicher geschmückt als selbst die Rose; ich bin die schönste aller
Blumen.“
Da fuhr der Wind daher.
Und „klatsch!“ fuhren des Mohnes Blütenblätter auseinander und
mit dem Winde davon.
Und alle Blumen ringsher, die das sahen, lachten laut auf und riefen:
„Klatschrose! Klatschrose!“
Und diesen Namen hat der Mohn behalten bis auf den heutigen Tag,
und noch heute verliert er seine Blütenblätter bei dem leisesten Windhauche.