legte sie die Klöppel nicht ans der Hand, und das mußte der beste
Sporn für alle übrigen sein. Und mit der Freudigkeit und Hoffnung
wuchsen die Spitzenvorrüte, obgleich die rüstigsten Männer immer
mit der fertigen Ware wieder von dannen zogen durch ganz Sachsen
und Böhmen. Erst der strenge Winter gebot ihnen Einhalt.
Und als dann der Frühling und der Sommer wieder kamen —
welch ein Abstand gegen das vorige Jahr! Kerngesundes Vieh im
Stalle und auf den Wiesen, Segen auf den Feldern, und die Men¬
schen glücklich. Denn eben war der Herr Studierte, der auf des
Bergherrn Bitte aus Kölln an der Spree zur nochmaligen Unter¬
suchung der Gruben gekommen war, wieder abgereist, nachdem er
sich nicht gerade zum allerbesten über die Weisheit seiner Kollegen
in Dresden erklärt hatte.^Die Gruben im Schrecken- und Schotten¬
berge waren nicht ausgebraucht; man mußte nur verstehen, sie auf
die rechte Weise zu öffnen. Und da ließ der kluge Mann aus Kölln
an der Spree von dem schwarzen Pulver herbeibringen, von dem
die Annaberger bisher noch keine Ahnung gehabt, und — hei, wie
das krachte und platzte, wie da die Wände barsten und Silber¬
und Kobaltstufen in unabsehbarer Menge bloßgelegt wurden!
In diesem Sommer war es auch, daß Barbara eine große
Reise nach Brüssel unternahm. Das wüste Treiben der Spanier
in den Niederlanden schreckte sie nicht zurück. Frische Kräfte nach
Annaberg zu ziehen, um so auch die Anfertigung von seidenen Spitzen
zu erlernen, dahin ging ihr Plan, und daß er ihr gelungen ist, das
weiß die ganze Welt. Und noch eins brachte sie aus der Fremde
mit: die Bandfabrikation. Spitzen- und Bändermärkte, Spitzen- und
Bänderläden, Spitzen- und Bänderverkäuferinnen — kann man sich
davor retten, wenn man heute nach Annaberg kommt? x
Ja heute! Da ist Fabrik an Fabrik; da arbeiten überall Ma¬
schinen; da schallt's hüben und drüben: „Glückauf! Glückauf!"
Und wie würde das wohl hier aussehen, wenn nicht Christoph und
Barbara Uttmann gewesen wären? Als unsere Frau von Brüssel
zurückkehrte, fand sie ihren Gemahl auf dem Krankenlager, von
dem er sich nicht wieder erhob. Was hätte sie in ihrem Schmerze
besser trösten können als der Friede und das Glück, welche ringsum
walteten? Solange noch ihr Herz schlug, schlug es auch für ihre
Kinder, für die Kinder der Brabanterin und für alle, die im Weich¬
bilde Annabergs wohnten.
Sie hatte noch ein langes und durch das Glück anderer be¬
glücktes Leben. Als sie starb, ward sie neben Christoph und der