Full text: [Teil 3 = 6. u. 7. Schulj] (Teil 3 = 6. u. 7. Schulj)

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Dort auf den Telegraphendrähten sammeln sich schon die Schwal¬ 
ben; einige hundert haben sich dort niedergelassen. Dann und wann er¬ 
heben sie sich und machen einen Ausflug, um Insekten zu erjagen. Das 
Stöhnen und Pfeifen des Eisenbahnzuges stört das kleine Volk; sie 
fliegen auseinander, um sich nach kurzer Zeit an demselben Orte wieder 
zu versammeln. Auch die Stare scharen sich schon auf den Feldern; 
das ist ein Pfeifen, Schwatzen und Lärmen in den nahen Büschen! Jeder 
hat eben Zeit, denn es warten zu Hause ja keine Kinder; die sind schon 
alle groß und mit hinausgeflogen. Es gilt jetzt, sich im Fliegen zu üben 
und zu sammeln für die große Heise nach dem Süden, denn hier wird 
es Herbst. 
2. Unter den Linden rauscht das abgefallene trockene Laub. Die 
Eichen haben schon in Menge Eicheln abgeworfen, welche die Mädchen 
sammeln, um damit zu spielen. Die Knaben werfen mit Steinen und 
Knütteln nach den Kastanienbäumen, damit sie die Kapseln, die sich 
noch nicht öffneten, hergeben; darin sind die braunen, schön geaderten 
Kastanien, aus denen die kleine Schwester sich eine Halskette machen 
soll. Im Walde werden Bucheckern gesammelt und Haselnüsse ge¬ 
pflückt. Wer jetzt einen Spaziergang durch die Allee macht, der geht 
nicht mehr wie im Sommer unter einem grünen Laubdache dahin. Die 
Linden und Eschen strecken schon ihre kahlen Äste in die graue Luft 
hinein, und auch die alten Ulmen schmückt nur noch an den unteren 
kleinen Zweigen gelb gewordenes Laub. 
Schon seit einigen Wochen wurden fast täglich die abgefallenen 
Blätter aus den Steigen gekehrt und beseitigt. Wie hoch hier sonst die 
Laubdecke gewesen wäre, davon kann man sich überzeugen, wenn man 
querwaldein geht. Im Walde verschwinden unsre Füße in dem dürren 
Laube; am Waldesrande finden wir den breiten Waldgraben damit ganz 
gefüllt. Hier gibt es ein buntes Durcheinander; das hellgelbe, bläulich 
gesprenkelte Ahornblatt ruht neben dem gelbbraunen Eichenblatt, das 
rötlichbraune Blatt der hohen Buche liegt an der Seite des zusammen¬ 
gekrümmten, schmutzigen Blattes vom Dornstrauch, und doch sind 
alle wiederum einander gleich. Sie sind Leichen und werden hier wieder 
zur Erde, aus der sie geworden sind; der Graben ist ihr Grab. 
Wir wenden unsern Blick hinauf zu den Kronen der Buchen. Sie 
sind schon stark gelichtet. Jetzt können wir das flinke Eichhörnchen, 
wenn es von Baum zu Baum springt, weithin verfolgen. Auch gewahren 
wir nun die Nester der Vögel und Vöglein, die sonst , durch das Laub 
vor unsern Blicken geschützt waren. Doch die kleinen Sänger, die dort
	        
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