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Notwendigkeit, sich auf Treu und Glauben dem Feinde zu überliefern.
Gegen Leßlie ergießt sich der ganze Unmut seiner verwundeten Seele, und
die Heftigkeit der Erregung entreißt ihm das letzte noch übrige Geheimnis.
Er entdeckt diesem Offizier seinen Entschluß, Eger und Einbogen, als die
Pässe des Königreichs, dem pfalzgrafen von Birkenfeld einzuräumen, und
unterrichtet ihn sogleich von der nahen Ankunft des Herzogs Bernhard in
Eger, wovon er noch in eben dieser Uacht durch einen Eilboten benach¬
richtigt worden. Diese Entdeckung, welche Leßlie seinen Mitverschworenen
aufs schleunigste mitteilt, ändert ihren ersten Entschluß. Die dringende
Gefahr erlaubt keine Schonung mehr. Eger konnte jeden Augenblick in
feindliche Hände fallen und eine schnelle Revolution ihren Gefangenen in
Freiheit setzen. Diesem Unglück zuvorzukommen, beschließen sie, ihn samt
seinen vertrauten in der folgenden Nacht zu ermorden.
Damit dies mit um so weniger Geräusch geschehen möchte, sollte die
Tat bei einem Gastmahle vollzogen werden, welches der Oberst Buttler aus
dem Schlosse zu Eger veranstaltete. Die andern alle erschienen; nur Wallen¬
stein, der viel zu bewegt war, um in fröhliche Gesellschaft zu taugen, ließ
sich entschuldigen. Man mußte also in Ansehung seiner den Plan abändern:
gegen die anderen aber beschloß man, der Abrede gemäß zu verfahren. Sn
sorgloser Sicherheit erschienen die drei Obersten Sllo, Terzkp und Wilhelm
Kinsft) und mit ihnen Rittmeister Neumann, ein Offizier von Zähigkeit,
dessen sich Terzkp bei jedem verwickelten Geschäfte, welches Kopf erforderte,
zu bedienen pflegte. Man hatte vor ihrer Ankunft die zuverlässigsten
Soldaten aus der Besatzung, welche mit in das Komplott gezogen war, in
das Schloß eingenommen, alle Ausgänge aus demselben wohl besetzt und
in einer Kammer neben dem Speisesaal sechs Buttlerische Dragoner verborgen,
die auf ein verabredetes Signal hervorbrechen und die Verräter nieder¬
stoßen sollten.
Ohne Ahnung der Gefahr, die über ihrem Haupte schwebte, überließen
sich die sorglosen Gäste den Vergnügungen der Mahlzeit, und Wallensteins,
nicht mehr des kaiserlichen Dieners, sondern des souveränen Fürsten Gesund¬
heit wurde aus vollen Bechern getrunken. Der Wein öffnete ihnen die
herzen, und Illo entdeckte mit vielem Übermut, daß in drei Tagen eine
Armee dastehen werde, dergleichen Wallenstein niemals angeführt habe. Ja,
fiel Reumann ein, und dann hoffe er seine Hände in der Österreicher Blut
zu waschen. Unter diesen Reden wird das Nachessen aufgetragen, und nun
gibt Leßlie das verabredete Zeichen, die Aufzugbrücke zu sperren, und nimmt
selbst alle Torschlüssel zu sich. Auf einmal füllt sich der Zpeisesaal mit
bewaffneten an, die sich mit dem unerwarteten Gruße: „Vivat Ferdinandus!"
hinter die Stühle der bezeichneten Gäste pflanzen. Bestürzt und mit einer
üblen Ahnung springen alle vier zugleich von der Tafel auf. Kinskp und
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