Object: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

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Unter dem ersten Eindrucke, den diese Worte auf uns machten, 
waren wir im Begriffe, unsere Sessel zurückzuschiehen aber ein bitten⸗ 
der Blick des irn bewog uns, in dieser Stellung zu verbleiben, 
wiewohl uns die Gefahr, in der wir alle schwebten, einleuchtend ge— 
nug war. Bei jeder neuen Windung konnte das Ungeheuer von unserem 
unglücklichen Freunde auf uns herübergleiten. 92 dieses Schicksal 
3 der war als tot on betrachten, so gefährlich und schnellwirkend 
ist der Biß dieser Schlange. 
Doktor M. saß, wie die meisten Engländer in Indien, in Hemds— 
ärmeln, weiten, dünnen Beinkleidern und seidenen Strümpfen und 
fühlte dadurch um so genauer und peinlicher jede Bewegung der 
Schlange. Sein i erhielt einen schwarzgelben Anstrich, während 
er selbst einer Bildsäule denn da er wußte, daß jede Muskel— 
bewegung den Biß der Schlange herbeiführen würde, so waren selbst 
beim Sprechen seine Lippen und Blicke erstarrt. So saßen wir in 
derselben Todesangst unendlich lang erscheinende Minuten. „Jetzt 
windet sie sich wieder rund,“ ünterbrach M. pr und murmelnd die 
Grabesstille; ich fühle sie kalt an meinem O rnet Laßt Mil 
nn ic darf nicht laut sprechen; laßt die Milch mir nahe au 
den Boden setzen und etwas davon daueben gießen!“ Ich gab soglei 
Befehl, und mein Diener schlüpfte sorgsauis weg. „Sitzt still, Haupt⸗ 
mann! Ihr bewegt den Kopf; bei allem, was Euch heilig ist, be— 
schwöre ich Euch, x es nicht! Es kann nicht lange dauern, bis mein 
Schicksal entschieden ist. habe eine Frau und zwei Kinder in 
Europa; Ieht ihnen, daß ich, sie segnend, gestorben sei, daß meine 
letzten Gebele für sie gewesen. — Die nn windet sich höher; 
ich lasse ihnen alles, wäs i — es lommt mir vor, als fühle 
ich bereits ihren Atem; — schrecklich, auf solche Art zu sterben!“ 
Die Milch ward gebracht und von meinem indischen Diener, der 
selbst unhörbar wie eine Schlange am Boden hinkroch, an den be— 
stimmten Ort niedergesetzt, nachdem er etwas nebenbei auf den Boden 
oessen hatte. Kaum war dies geschehen, als M. wieder begann: 
Nein, nein, es hat keine Wirkung; im Gegenteil, sie zieht sich fester 
usammen; jetzt entfaltet sin die oͤbere Schlinge. Ich darf nicht nieder⸗ 
n aber bin gewiß, sie dreht sich rückwärts, um mir den Todes— 
stöß zu geben. Nimm mich auf, o n und vergieb mir meine 
Sunden! Meine letzte Stunde ist gekommen. Ich habe Festigkeit; 
aber dies übersteigt, was zu extragen ist! Ach nein, sie entfaltet einen 
zweiten Knoten und a u frei. Sollte sie zu einem andern 
gehen?“ Wir bebten unwi ia zurück. 
Rüůhrt Euch ni steht nicht auf, ich bin des Todes! Haltet 
mit mir aus! Sie löst sich noch mehr; sie ist im Begriff sich nieder— 
zuwerfen. Bewegt Euch nicht; aber seht Euch vor! Hauptmann, sie 
fällt nach Eurer Ler O diese Todesangst ist zu groß! Ein anderer 
Druck, und bin tot. Nein, sie läßt sich los!“ In diesem fürchter— 
lichen Augenblicke waren aller Blicke auf den Boden die 
hln wandte sich mit erhobenem, aufgeblasenem Kopfe der 
Milch zu.
	        
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