Full text: [Teil 3 = Klasse 2 und 1, [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 2 und 1, [Schülerband])

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(Er verschloß vor ihm die Tür 
Und warf auch einen Riegel für. 
Er wollte nicht, daß er es sehe, 
Wie traurig es der Maid ergehe... 
Schweren Herzens schreitet nun der Krzt 
zu seinem werk, denn nur selten, meint 
er, werde auf der Erde solch ein mutiges, 
edles und schönes Weib gefunden. Um 
den Tod der Jungfrau zu lindern, holt er 
einen Wetzstein herbei und beginnt sein 
Messer so scharf als möglich zu schleifen. 
. . Vas Wetzen aber hörte, 
Der ihre Freude störte, 
Der arme Heinrich, der gebannt 
vor des Gemaches Türe stand 
Und trauerte und klagte sehr, 
Daß er im Leben nimmermehr 
Die liebe Jungfrau sollte fefjn; 
hub an zu suchen und zu spähn, 
Bis daß er durch die Zwischenwand 
Zuletzt ein kleines Löchlein fand, 
Da sah er denn die Süße bald 
Nackt und gebunden durch den Spalt. 
Ihr Leib war, ach, so wonniglich; 
Er sah sie an und sah auf sich 
Und faßte einen neuen Mut: 
Es deuchte das ihm nimmer gut, 
Wie ihm zuvor das herz gesinnt, 
Und so verwandelt' er geschwind, 
Wovon erfüllt war sein Gemüte, 
In einen Sinn von reinrer Güte. 
Da er sie sah so schön und rein, 
Sprach er wider sich allein: 
„war nicht töricht dein Gedank', 
Als du einen Tag nur lang 
Leben wolltest Gott zum Trutze? 
Wir leben all in seinem Schutze. 
Weißt du denn gar nicht, was du tust, 
Da du doch einmal sterben mußt, 
Und willst das jammervolle Leben, 
Das Gott zur Strafe dir gegeben, 
Nicht willig bis ans Ende tragen? 
vermag dir keiner doch zu sagen, 
Ob dich der Tod des Rindes heilt? 
Was dir dein Schöpfer zugeteilt, 
Das laß dir alles auch geschehn. 
Ich will des RindesTod nicht sehn!"— 
Dazu fand er raschen Rat, 
pochte an die Tür und bat: 
„Laßt mich ein!" Der Meister drin 
Rief zu ihm hinaus: „Ich bin 
Jetzt nicht müßig, Herr, dafür 
Euch zu öffnen meine Tür!" 
„Meister, hört und sprechet mich!" 
„Herr", sprach er, „wie könnte ich? 
Wartet, bis dies fertig!" „Nein, 
Meister, es muß früher sein." 
„Sagt mirs denn durch diese wand!" 
„Nein, es ist nicht so bewandt!" 
Da ließ er ihn zur Tür hinein. 
Der arme Heinrich trat herein; 
wo seine Maid gebunden lag, 
Dort ging er eilends hin und sprach: 
„Dies Rind ist also schön und rein; 
Nimmer wird mirs möglich sein, 
Ihren blutgen Tod zu sehn; 
Gottes Wille soll geschehn. 
Macht sie frei aus dieser Not! 
Und das Silber, das ich bot, 
will ich euch zum Lohne geben, 
Lasset ihr die Jungfrau leben!" 
Da nun derMaid keinZweifel blieb, 
Daß man dasWerk nicht mehr betrieb, 
Wie ward ihr herz beschwert damit! 
Sie brach all ihre Zucht und Litt' 
Und jammerte und rauft' ihr haar; 
So traurig, wie ihr Anblick war, 
Ls hätte niemand sie geschaut, 
Mit ihr gejammert hätt' er laut.
	        
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