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etliche der Tiere, in denen sie ihre Götter verehrten, an einen abge¬
sonderten Ort, woselbst sie ihnen zuerst die Not des Landes vorstellten,
Abhilfe verlangten und sie ernstlich bedrohten, wofern diese nicht
erfolgen würde. Wenn dann nach einiger Zeit keine Änderung zum
Bessern eintrat, töteten die Priester dieselben Tiere, welche sie zu ihren
Göttern gemacht hatten.
77. Die Erziehung der Spartaner.
(Ferdinand Schmidt.)
Der neugeborene Knabe ward dem Rate der Alten vorgezeigt.
Dem starken und gesunden Knaben sprachen die Ältesten sogleich das
Bürgerrecht zu; das von ihnen als gebrechlich erklärte Kind dagegen
ward in einen Abgrund des TaygLtus-Gebirges geworfen. Sparta
wollte nur gesunde Kinder erziehen, kräftige und gesunde Jünglinge
und Männer haben. Bis zum siebenten Jahre gehörte der Knabe
der Mutter, dann übernahm der Staat seine Erziehung.
Das junge Geschlecht ward als das edelste Staatsgut betrachtet,
und die Wahrheit fand allgemeine Anerkennung, daß von seinem Ge¬
deihen das Wohl und der Bestand des Staates für die Folgezeit ab¬
hange. Darum wurden die notwendigen Mittel zur Erziehung von
Staatswegen gegeben, und es wurde nur gefragt, was notwendig sei.
lind nicht: Was haben wir zur Erreichung des Erziehungszweckes für
Mittel übrig? Allen Knaben ward eine vollständig gleiche Erziehung
zu teil; auch die Königssöhne (mit alleiniger Ausnahme des Thron¬
folgers) kamen in eines der Erziehungshäuser und standen mit sämt¬
lichen übrigen spartanischen Knaben in jeder Beziehung auf vollständig
gleicher Stufe. Beim Eintritte in die Anstalt wurde den jungen
Spartanern das Haar kurz geschoren, ihr Lager war Heu und Stroh,
Decken erhielten sie nicht. Vom fünfzehnten Jahre an schliefen sie
auf trockenem Schilf, das sie sich selbst am Ufer des Eurotas ohne
Messer zu sammeln hatten. Sie gingen in leichten Kleidern, im
Winter und Sommer ohne Schuhe. Um sie für die Mühseligkeiten
des Krieges vorzubereiten, ward ihnen ihre Kost mager und sparsam
zugemessen. Höchst befremdlich erscheint es uns im ersten Augen¬
blicke, wenn wir lesen, es sei ihnen erlaubt gewesen, kleine Diebstähle
zu begehen. Vernehmen wir aber weiter, daß diejenigen, die sich dabei
ertappen ließen, wegen des bewiesenen Ungeschicks, wegen Mangels an
Vorsicht empfindlich gestraft wurden, so erkennen wir, daß es den