Full text: [Abteilung 2 = Für die mittleren Klassen, [Schülerband]] (Abteilung 2 = Für die mittleren Klassen, [Schülerband])

heitere Regsamkeit. Plötzlich erschien die große, herrliche Sonne selbst, 
erst wie ein hellaufloderndes Feuer, dann gleich einer prächtigen gol¬ 
denen Kuppel, bis allmählich ihre ganze volle Gestalt sichtbar wurde 
und sich majestätisch emporhob. Ihre milden Strahlen zitterten nun 
bis zu uns herüber, senkten sich tiefer und tiefer, überall tausendfache 
Schimmer und Färbungen verbreitend, und von unserm Kirchturme 
tönte ernst und feierlich die trauliche Morgenglocke. Mir wurde bei 
dem Anblicke von so viel Pracht und Herrlichkeit ganz weich und 
warm ums Herz; ich sah nach allen Seiten, und doch folgten noch 
stets neue Überraschungen von Licht und Leben, woran das Auge mit 
Vergnügen haftete. Das schöne Thal zu unsern Füßen war mit 
voller Pracht des ersten Frühlings bedeckt; die Bäume und Sträucher 
der Gärten blühten in den ^reichsten Farben; Wiesen lind Felder 
dehnten sich abwechselnd im segenverheißenden Lenzschmncke von den 
gewölbten Hügeln; und wie das alles nach und nach in so reizender 
Beleuchtung vor uns lag, da konnte man sich unmöglich satt sehen. 
Auch die lieben Vöglein in der Nähe und Ferne wurden immer 
munterer und lebhafter, aus tausend Kehlen ertönte das Lob des 
Allmächtigen, und ein lichter, blauer Duft stieg wie Weihrauch zum 
Himmel empor. 
127. (126.) Ein Spaziergang im Frühlinge. 
(W. Sommer, Hand- und Hilfsbuch für den Unterricht im deutschen Aufsatz.) 
Gestern machte ich mit meinem jüngern Brilder einen Spazier¬ 
gang in den nahen Wald. Das heitere, milde Frühlingswetter hatte 
uns hinausgelockt. Die Sonne strahlte so freundlich am Himmel, 
unb die Luft wehte so lau und linde, daß uns ordentlich wohl-" ums 
Herz wurde. Durch wenige enge Gäßchen gelangten wir bald ins 
Freie, wo uns ein schmaler Fußsteig rechts an einen: weiten, offenen 
Felde und links an einem mit allerlei Strauchwerk eingefaßten, tiefen 
Hohlwege weiter führte. Die grünen, dichtbestandenen Saatfelder 
saheu so frisch und hoffnungsvoll aus, als wenn sie unmittelbar aus 
ber Hand Gottes hervorgegangen wären. Der mit lauem Lenzregen 
abgegangene Schnee hatte zum Abschiede jedem Hälmchen das Köpfchen 
blank gewaschen, und sie schwankten nun im blinkenden Sonnenscheine, 
als wollten sie sich vor Vergnügen darin spiegeln. Hier und da war 
eben gepflügt worden: einige Saatkrähen spazierten langsam in den 
graueu Furchen einher, und der frische Duft des aufgelockerten Bodens
	        
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