4;VS
In Amerika ist statt unseres gewöhnlichen Sperlings ein Ver¬
wandter desselben vorhanden, der sick aber dadurch den Menschen
angenehmer zu machen weiß, daß er einen hübschen Gesang hat,
während der unsere nichts als sein „Schelm. Schelm!" rufen kann
167. (186.) Der Hahn.
«Harald Othmar Lenz.)
Ein recht schöner, stolzer und kühner Hahn ist unter allen Vögeln
der angenehmste. Hock trägt er sein gekröntes Haupt, nach allen
Seiten spähen seine feurigen Augen, unvermutet überrascht ihn keine
Gefahr, und jeder möchte er Trotz bieten. Wehe jedem fremden Hahne,
der es wagt, sich unter seine Hühner zu mischen, und wehe jedem
Menschen, der sich erkühnt, in seiner Gegenwart ihm eins derselben
zu rauben! Alle seine Gedanken weiß er durch verschiedene Töne und
verschiedene Stellungen des Körpers auszudrücken. Bald hört man
ihn mit lauter Stimme seine Lieben rufen, wenn er ein Körnchen
gefunden hat, denn er teilt mit ihnen jeden Fund; bald zieht er an
der Spitze seiner Schar, deren Beschützer und Führer er ist, hinaus
ins Freie; aber kaum hat er hundert Schritte gethan, so hört er vom
Stalle her den freudigen Ruf einer Henne, welche verkündet, daß sie
ein Ei gelegt hat. Spornstreichs kehrt er zurück, stimmt in ihren
Freudenrus ein und eilt dann in vollem Laufe dem ausgezogenen Heere
nach, um sich wieder an dessen Spitze zu stellen. Die geringste Ver-
änderung in der Lust fühlt er und verkündet sie dlirch sein lautes
Krähen; mit lautem Krähen verkündet er den anbrechenden Morgen
und weckt den fleißigen Landmann zu neuer Arbeit. Ist er auf eine
Mauer oder ein Dach geflogen, so schlägt er die Flügel kräftig zu¬
sammen und kräht und scheint sagen zu wollen: „Hier bin ich Herr!
Wer wagt's mit mir?" Ist er von einem Menschen gejagt worden,
so kräht er wieder aus Leibeskräften und verhöhnt wenigstens den
Feind, dem er nicht schaden kann. Am schönsten entfaltet er seine
ganze Pracht, wenn er früh morgens, der langen Ruhe müde, das
Hühnerhaus verläßt und vor demselben die ihm nachfolgenden Hühner
freudig begrüßt; aber noch schöner und stolzer erscheint er in dem
Augenblicke, wo das Geschrei eines fremden Hahnes sein Ohr trifft.
Er horcht, senkt die Flügel, richtet sich kühn empor, schlägt mit den
Flügeln und fordert mit lautem Krähen zum Kampfe auf. Erblickt er
den Feind, so rückt er ihm, sei er groß oder klein, mutig entgegen