Full text: Für die Mittelklassen (Band 2, [Schülerband])

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Obwohl jeder Freie in der Gemeinde zum Fürsten gewählt wer¬ 
ben konnte, war dessen Stellung eine höchst ehrenvolle und glänzende 
und wurde es noch mehr dadurch, datz es jedem Fürsten freistand, 
W) aus den Jünglingen und Männern, die freiwillig in seinen 
dienst zu treten begehrten, ein bewaffnetes Gefolge zu bilden und 
Zu erhalten. Der Waffendienst, den sie ihm dann leisteten, verrin¬ 
gerte nicht die persönliche Freiheit und Ehre, wie sonst jeder Herren- 
dienst; er verlieh vielmehr Ruhm und Glanz ihnen selbst wie ihrem 
Herrn. Im Frieden bildete dieses Gefolge die Ehrenwache des Für¬ 
sten, im Kriege seine Schutzwehr. In unverbrüchlicher Treue, die 
durch einen Eid bekräftigt war. standen die Gefolgsgenossen zu ihm, 
und mit den stärksten sittlichen Banden war das ganze Verhältnis 
befestigt. Ruhm, Ehre und Lohn teilte das Gefolge mit seinem 
Führer; dessen Huld war jedem in der Schar der höchste Stolz, und 
alle wetteiferten, die erste Stufe unter ihren Gefährten zu gewinnen; 
denn das Urteil des Führers bestimmte verschiedene Rangstufen in 
dem Gefolge. War dies der Ehrgeiz der Mannen, so war das Streben 
des Führers, eine möglichst zahlreiche Schar um sich zu sammeln und 
stch namentlich in Kriegszeiten mit vielen kampflustigen und kräftigen 
Jünglingen zu umgeben. 
62. Die bäuerliche Lebensweise der alten Deutschen. 
(Eduard Heyck.) 
Schon ehe die Germanen sich in weitentlegener Vorzeit von der 
engeren Berührung mit den letzten indogermanischen Genossen los¬ 
rennten, waren sie mit diesen zusammen von der reinen Weide¬ 
wirtschaft zum Ackerbau übergegangen. Aber noch der älteste Deutsche 
nüt seinem zerlegbaren Holzhause — die wandernden Kimbern und 
Teutonen führten die ihrigen auf den Karren mit — sitzt nicht mit 
derartiger Endgültigkeit, wie wir es uns heute vom Bauer unwill¬ 
kürlich vorstellen, auf seiner Scholle. 
Wir wollen zunächst von den Getreidearten berichten. Die 
Dichtigkeit, welche auf älterer, indogermanischer Stufe die Hirse als 
Hauptgetreide hatte, verlor sie bei den Germanen in deren historischen 
Zitzen. Die Deutschen haben dieses ziemlich anspruchsvolle Gewächs 
erst auf jüngeren, südöstlichen Eroberungsgebieten, auf vormals rö¬ 
mischem Provinzialboden, z. B. im heutigen Kärnten, wieder eifriger 
gebaut. Dagegen ward der Hafer zur Hauptnahrungssrucht in der 
ältesten Zeit und ocm unsern Vorfahren auch den Finnen übermittelt,
	        
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