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verleumdet, verraten? Gibt es denn hier die einzigen Menschen, die
man nicht verachtet, ehe man sie recht kennt, nicht verabscheut, wenn
man sie durchforscht hat? Habt Ihr lauter gute Freunde, lauter ver¬
trägliche Nachbarn, lauter offene, ehrliche Leute in Euerm langen
Leben gefunden?"
Williams. „Ei, gnädiger Herr, so glatt und schier geht's in
diesem Leben nicht ab; denn der Schurken gibt's auf Gottes Erdboden
nicht wenige. Mein Nachbar Steffenson, Gott habe ihn selig, hat
mir oft den Kopf warm gemacht. Er wollte mir durch mancherlei
Händel durchaus die Stelle verleiden; doch ich bin noch darauf und
hab's noch erlebt, seinen Kindern Gutes zu tun. Wenn mich so etwas
wurmte, gnädiger Herr, so griff ich mich doppelt bei der Arbeit an
und sah nicht rechts noch links, und wenn ich dann am Abend jenen
Weg herauf die Kinder anspringen sah und meine Frau mich in der
Tür mit einem freundlichen Gesichte empfing, dann war alles ver¬
gessen. Die Freude hat keiner von meinen Feinden erlebt, mir einen
Trunk Bier zu verderben."
Lord W. „Alles recht gut, Williams, das läßt sich begreifen;
aber das begreife ich nicht, wie ein Mann mit so viel Vernunft ein
so langweiliges, einförmiges Leben endlich nicht müde wird. --
Immer den nämlichen Acker pflügen und säen, durch einerlei Wege
immer vorwärts und rückwärts gehen, — und das sechzig Jahre
lang."
Williams. „Das ist wohl Ihr Ernst nicht, gnädiger Herr!"
Lord W. „Meine aufrichtige Meinung, Williams; denn ich
kenne Leute, die mehr von der Welt genossen haben als Ihr, und die
sie doch endlich langweilig und äußerst einförmig finden. Wenn wir
noch hundert Jahre lebten, Williams, so kann die Natur weder für
Euch noch für mich etwas Neues auftischen."
Williams. „Und mir in meiner Einfall, gnädiger Herr, kommt
die Welt jeden Tag veränderlich vor. Wenn ich nur vierzig Jahre
zurückdenke, wie sich hier alles im Kirchspiel verändert hat! — Diesen
Baum hier konnte ich wie eine Weidenrute biegen; jenen Busch habe
ich pflanzen sehen; das Weizenfeld drüben war eine Heide; bei
meinem Haufe stand nicht ein Obstbaum; hier rechter Hand heitzt's
noch „im Moor", wo jetzt meine besten Milchkühe weiden. Wenn ich
das alles um mich her so wachsen und gedeihen sehe, wie Gott meiner
Hände Arbeit gesegnet hat, o gnädiger Herr, dann geht mir das
Herz auf. — Wie herrlich die Frucht dieses Jahr steht! Der Junge