16 4. Kriegswesen und Gefolgschaft bei den Germanen.
sehen, sie haben die Freiheit hinterlassen ihren Kindern. Ihrem be¬
harrlichen Widerstande verdankt es die ganze neue Welt, datz sie da
üs ist, so wie sie da ist. Wäre es den Römern gelungen auch sie zu unter¬
jochen und, wie dies der Römer allenthalben tat, sie als Nation aus¬
zurotten, so hätte die ganze Fortentwickelung der Menschheit eine
andere und man kann nicht glauben erfreulichere Richtung genommen.
Ihnen verdanken wir, die nächsten Erben ihres Bodens, ihrer Sprache
«o und ihrer Gesinnung, datz wir noch Deutsche sind, datz der Strom ur¬
sprünglichen und selbständigen Lebens uns noch trägt, ihnen ver¬
danken wir alles, was wir seitdem als Nation gewesen sind, ihnen,
falls es nicht etwa jetzo (1807) mit uns zu Ende ist und der letzte von
ihnen abgestammte Blutstropfen in unsern Adern versiegt ist, ihnen
66 werden wir verdanken alles, was wir noch ferner sein werden. Ihnen
verdanken selbst die übrigen, uns jetzt zum Auslande gewordenen
Stämme, in ihnen unsere Brüder, ihr Dasein. Als jene die ewige
Roma besiegten, war noch keins aller dieser Völker vorhanden; damals
wurde zugleich auch ihnen die Möglichkeit ihrer künftigen Entstehung
?o mit erkämpft.
Diese und alle anderen in der Weltgeschichte, die ihres Sinnes
waren, haben gesiegt, weil das Ewige sie begeisterte, und so siegt
immer und notwendig diese Begeisterung über
den, der nicht begeistert ist. Nicht die Gewalt der Arme
noch die Tüchtigkeit der Waffen, sondern die Kraft des Gemüts ist
es, welche Siege erkämpft. Johann Gottlieb Fichte.
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Kriegswesen und Gefolgschaft bei den Germanen.
Der germanische Staat beruhte auf dem Grundsatz der gleichen
Pflichten und Rechte aller freien und wehrhaften Volksgenossen.
Die Bedürfnisse des Gemeinwesens mutzten durch die persönlichen
Leistungen der Volksleute gedeckt werden, jeder einzelne unmittelbvr
° leisten, was der Staat brauchte. Der Aufgabe des Staates Volk
und Land gegen äutzere Feinde zu schützen entsprach die allge¬
meine Heerpflicht. Das Heer ist das Volk in Waffen. Der
Heerdienst ist zugleich ein Recht; nur der waffenfähige Freie ist Heer¬
genosse. Liten (Halbfreie) und Eigenleute mag der Herr als Trotz-
io knechte mit ins Feld führen; einen Teil des Heeres bilden sie darum
nicht. Es erscheint als eine durch ungewöhnliche Notlage gebotene
Ausnahme, datz die Langobarden gelegentlich, um die gelichteten
Reihen ihres Heeres zu ergänzen, Knechte in das Heer aufnahmen,
nachdem sie diese vorher durch Wehrhastmachung freigelassen hatten.
iS Heer und Kriegswesen bilden den eigentlichen Brenn¬
punkt für das öffentliche Leben der Germanen. Religion, Verfassung