Full text: Oberstufe: Zweiter Kursus (Theil 6, [Schülerband])

205 Fünfte Periode. Von 1750 1830. 
7. 
1. Fahnen, gute alte Fahnen, Guten alten Fahnen siehet, 
Die den Cid so oft begleitet Die sonst in den Lüften wehten, 
In und siegreich aus der Schlacht, Hingebeugt aufs Sterbelager, 
Rauschet ihr nicht in den Lüften Unter ihnen seinen Freund, 
Traurig, daß euch Stimm' und Sprache, 
Daß euch eine Thräne fehlt? 5. Fühlt er seinen Lauf des Ruhmes 
Denn es brechen seine Blicke, Auch geendet, steht mit großen 
Er sieht euch zum letzten Mal. Augen stumm da wie ein Lamm; 
Sein Herr kann zu ihm nichts sprechen, 
2. Lebet wohl, ihr schönen Berge, Er auch nichts zu seinem Herrn. 
Teruel und Albarazin, Traurig sieht ihn an Babiega, 
Ew'ge Zeugen seines Ruhmes, Cid ihn an zum letzten Mal. 
Seines Glückes, seines Muths; 
Lebet wohl, ihr schönen Höhen, 6. Gerne hätt' sich Alvar Fanez 
Und du Aussicht auf das Meer hin! Mit dem Tode jetzt geschlagen; 
Ach, der Tod, er raubt uns alles, Ohne Sprache sitzt Ximene; 
Wie ein Habicht raubt er uns! Cid, er drückt ihr noch die Hand, 
Seht, es brechen seine Augen — 
Er blickt hin zum letzten Mal. 7. Und nun rauschen die Paniere 
Stärker; durch das offne Fenster 
3. Was hat er gesagt, der gute Weht ein Wind her von den Höhen — 
Cid? Er liegt auf seinem Lager. Plötzlich schweigen Wind und Fahnen 
Wo ist seine Eisenstimme? Edel: denn der Cid entschläft. 
Kaum noch kann man ihn verstehen, 
Daß er seinen Freund Babiega, 8. Auf, nun auf! Drommeten, 
Ihn noch einmal sehen will. Trommeln, 
Pfeifen, Klarinetten tönet, 
4. Babiega kommt, der treue Übertönet Klag' und Seufzen! 
Mitgefährt' des wackern Helden Denn der Cid befahl es da. 
In so mancher, mancher Schlacht Ihr geleitet auf die Seele 
Als er die ihm wohlbekannten Eines Helden, der entschlief. 
121. Das Flüchtigste. 
1. Tadle nicht der Nachtigallen 3. Höre, wie im Chor der Triebe 
Bald verhallend süßes Lied; Bald der zarte Ton verklingt. 
Sieh, wie unter allen, allen Sanftes Mitleid, Wahn der Liebe, 
Lebensfreuden, die entfallen, Ach, daß er uns ewig bliebe! 
Stets zuerst die schönste flieht. Aber ach, sein Zauber sinkt. 
2. Sieh, wie dort im Tanz der Horen 4. Und die Frische dieser Wangen, 
Lenz und Morgen schnell entweicht; Deines Herzens rege Glut, 
Wie die Rose, mit Auroren Und die ahnenden Verlangen, 
Jetzt im Silberthau geboren, Die am Wink der Hoffnung hangen — 
Jetzt Auroren gleich erbleicht. Ach, ein fliehend, fliehend Gut! 
A
	        
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