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noch stehen die einfachen Worte darüber geschrieben: „Hic transibat
Caesar/' d. h. hier ging der Kaiser durch. Dies ist alles, und doch
denkt man hier mehr, als in mancher stolzen, mit alter Herrlichkeit
prunkenden Fürstenhalle. So kahl der Berg ist, ich habe viele Stunden
droben verweilt, gedankenvoll und doch zu kurz für die Erinnerung, in
welcher sich hier Bild an Bild drängt. Oder wer sähe nicht über den
dunklen Waldzügen dort und über dem Silberstreifen der Alpen in tiefem
Abendröte Italien herauftauchen, Päpste, Reichstage, Schlachten, Belage¬
rungen in unabsehlich glänzendem Gewimmel, und dann Neapel, wo
Konradin von Schwaben und mit ihm die echte Krone des deutschen
Kaisers in den Abgrund sank, in dem sie sechs Jahrhunderte begraben
lag; Sizilien, das romantische Jugendland des zweiten Friedrich, und
im fernen Asien den Fluß, in dessen Wellen der greise Barbarossa
starb? — Ich hörte, daß die Gewitter gern nach dem Berge den Zug
nähmen und häufige Blitze in den niedern, schon dem Boden gleichen
Überrest des Gemäuers schlügen; und ich selbst fand in diesem Gemäuer
zwei Versteinerungen, die der Aberglaube des Volkes für Erzeugnisse
des Blitzes hält und Donnerkeile nennt, und die ich noch jetzt auf¬
bewahre.
An den Hohenstaufen reiht sich das Thal gegen Geißlingen entlang
noch ein ganzes Gefolge von Berghäuptern, die mit mehr oder weniger
erhaltenen alten Burgruinen gekrönt sind und der rings im Grün der
Wälder lachenden Gegend ein sehr romantisches Ansehen geben. Hier
endet die schwäbische Alp; nach Norden flacht sich die Gegend ab, nach
Osten verliert sich die Alp in eine Hochebene, welche die Wasserscheide
zwischen dem Neckar und der Donau bildet.
29. Die Dnrg Hoheryollern.
Mitten im schwäbischen Lande tritt aus dem Juragebirge
als südlichster mehrerer vereinzelter Felseukegel hochragend der Zollern
hervor, von welchem, in hehrer, mittelalterlicher Schönheit neu erstanden,
die Stammburg des ruhmvollsten deutschen Fürstenhauses, unseres Kaiser¬
hauses, in gesegnete Thäler hinabgrüßt.
Südlich von dem ehemaligen hohenzollerschen Fürstensitze Hechiugen
erhebt sich der waldige Berg zu einer Höhe von 855 Meter.
Den Gipfel bildet ein Kalkfelsen, dessen Seiten überall senkrecht
abgeschnitten sind; nur ein einziger, mit Brücken gebildeter Zugang
führt zu der Spitze, auf welcher das Schloß liegt. Je höher wir auf
dem steilen, aber schattigen Wege emporsteigen, desto prächtiger dehnt sich