Object: Vaterländisches Lesebuch für untere und mittlere Klassen höherer Lehranstalten

120 
noch stehen die einfachen Worte darüber geschrieben: „Hic transibat 
Caesar/' d. h. hier ging der Kaiser durch. Dies ist alles, und doch 
denkt man hier mehr, als in mancher stolzen, mit alter Herrlichkeit 
prunkenden Fürstenhalle. So kahl der Berg ist, ich habe viele Stunden 
droben verweilt, gedankenvoll und doch zu kurz für die Erinnerung, in 
welcher sich hier Bild an Bild drängt. Oder wer sähe nicht über den 
dunklen Waldzügen dort und über dem Silberstreifen der Alpen in tiefem 
Abendröte Italien herauftauchen, Päpste, Reichstage, Schlachten, Belage¬ 
rungen in unabsehlich glänzendem Gewimmel, und dann Neapel, wo 
Konradin von Schwaben und mit ihm die echte Krone des deutschen 
Kaisers in den Abgrund sank, in dem sie sechs Jahrhunderte begraben 
lag; Sizilien, das romantische Jugendland des zweiten Friedrich, und 
im fernen Asien den Fluß, in dessen Wellen der greise Barbarossa 
starb? — Ich hörte, daß die Gewitter gern nach dem Berge den Zug 
nähmen und häufige Blitze in den niedern, schon dem Boden gleichen 
Überrest des Gemäuers schlügen; und ich selbst fand in diesem Gemäuer 
zwei Versteinerungen, die der Aberglaube des Volkes für Erzeugnisse 
des Blitzes hält und Donnerkeile nennt, und die ich noch jetzt auf¬ 
bewahre. 
An den Hohenstaufen reiht sich das Thal gegen Geißlingen entlang 
noch ein ganzes Gefolge von Berghäuptern, die mit mehr oder weniger 
erhaltenen alten Burgruinen gekrönt sind und der rings im Grün der 
Wälder lachenden Gegend ein sehr romantisches Ansehen geben. Hier 
endet die schwäbische Alp; nach Norden flacht sich die Gegend ab, nach 
Osten verliert sich die Alp in eine Hochebene, welche die Wasserscheide 
zwischen dem Neckar und der Donau bildet. 
29. Die Dnrg Hoheryollern. 
Mitten im schwäbischen Lande tritt aus dem Juragebirge 
als südlichster mehrerer vereinzelter Felseukegel hochragend der Zollern 
hervor, von welchem, in hehrer, mittelalterlicher Schönheit neu erstanden, 
die Stammburg des ruhmvollsten deutschen Fürstenhauses, unseres Kaiser¬ 
hauses, in gesegnete Thäler hinabgrüßt. 
Südlich von dem ehemaligen hohenzollerschen Fürstensitze Hechiugen 
erhebt sich der waldige Berg zu einer Höhe von 855 Meter. 
Den Gipfel bildet ein Kalkfelsen, dessen Seiten überall senkrecht 
abgeschnitten sind; nur ein einziger, mit Brücken gebildeter Zugang 
führt zu der Spitze, auf welcher das Schloß liegt. Je höher wir auf 
dem steilen, aber schattigen Wege emporsteigen, desto prächtiger dehnt sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.