247
verhängt! Er wird eure Seele erlösen!" Auch die neben ihm stehenden
Priester ermahnte er mit diesen Worten: „Seid stark, meine Brüder, und
laßt euch nicht schrecken von denen, die den Leib töten, aber die Seele
nicht töten können! Unterwerft euch ruhig dem Geschick und hofft auf
den ewigen Lohn, der euch alsbald zu teil wird." Als er diese Worte
gesprochen hatte, stürzten auch schon die Feinde daher und erschlugen den
Bonifatius mit seinem ganzen Gefolge. Sie plünderten die Gezelte, und
weil sie meinten, daß in den Bücherkisten Gold und Silber und allerlei
Schätze verborgen wären, brachten sie dieselben auf ihre Schiffe; auch den
Wein, der noch da war, schleppten sie mit, aber bald hatten sie ihn gänz¬
lich ausgetrunken und waren fast alle berauscht. Da erhob sich ein
Wortwechsel unter ihnen wegen der Verteilung der Beute. Derselbe
wurde so heftig, daß sie sich in zwei Parteien teilten und grimmig gegen¬
einander kämpften. Ein großer Teil ward so erschlagen. Die Sieger er¬
brachen mit großer Lüsternheit die Schlösser der Kisten, um die vermeint¬
lichen Schätze hervorzuholen; aber sie wurden sehr enttäuscht, als sie nur
Bücher fanden. In ihrem Zorne schleuderten einige dieselben sogleich
von sich, andere trugen sie in das Schilf eines Sumpfes, um sie dort zu
versenken.
Auf die Nachricht von dem Tode des Apostels sammelte sich sogleich
ein kleines Heer, um Rache an den Heiden zu nehmen. Diese wurden
geschlagen, die Christen fanden den Leichnam des Märtyrers Bonifatius,
legten ihn auf eine Bahre und brachten ihn in ein Schiff, welches dann
mit günstigem Winde nach Utrecht fuhr. Da wurde die Leiche einstweilen
beigesetzt, bis von Mainz aus die Boten des Lullus kamen, um sie abzu»
forden; denn Lullus wollte seinen väterlichen Freund in dem Kloster
behalten, welches er selbst an der Fulda gegründet hatte. Dahin ward
also von den treuen Schülern die Leiche gebracht. Die Friesen aber
suchten lauge nachher, als das Christentum bei ihnen schon durchgedrungen
war, den Ort auf, wo Bonifatius gefallen, warfen dort wegen der zwei¬
mal täglich anschwellenden Meeresflut einen Hügel auf und erbauten auf
diesem zum Andenken des Apostels eine Kirche.
14. Karls des Großen Kaiscrkrönung.
Bernha rd N ichucs.
Karl der Große beherrschte am Schlüsse des 8. Jahrhunderts das
Abendland. Es fehlte ihm weder für die innere Verwaltung noch für
seine Stellung nach außen an Macht, Ansehen und Würde; aber es
fehlte ihm an einem Rechtstitel, den man als den Ausdruck und die