I. Einleitendes «nd Allgemeines.
(K. Riedel.)
Aus dem Todeskampf einer untergehenden Welt ward die christ¬
liche geboren, die Welt des Geistes und der Freiheit. Der Herr
erschien, der der Geist ist. Die Natur stirbt vorbildlich in Christus,
steht auf und fährt gen Himmel. ,, Wer sein (endliches,) Leben lieb
hat, der wird es verlieren; wer es aber hingiebt, dem soll es er¬
halten werden." Die Macht, der Ausgangspunkt des individuellen
Lebens ist der Geist; in ihm ist es bewahrt und erhalten, weil es
in ihm geheiliget und verklärt ist. Die Wiedergeburt aller Dingein
Gott, als dem Geiste, ist der Mittelpunkt christlicher Lehre. Der
Geist ist kein Fremdes mehr, an dem sich die individuelle Freiheit
bricht und untergeht, sondern er ist erst des wahrhaftigen Lebens
Quell, Strom des lebendigen Wassers. Aus dem dunklen Sehnen
des Lebens hinaus tritt das Individuum in die Herrlichkeit der
Kind sch aft Gottes. Als Kind Gottes ist das Individuum Geist
geworden, der der Herr ist der Natur, der Sünde und Endlichkeit.
Natur und Geist sind eben deshalb durch weite Kluft getrennt. Die
Natur ist, als jene überschwenglichen Ideen im Gemüthe Einzelner,
wie ganzer Völker wiederzuklingen begannen, im Anfang der christ¬
lichen Zeit, das durchaus Unterliegende, sie ist noch nicht die froh
wiedergestaltete, auferstandene, zum Himmel sich hebende. Allerdings
„vertilgte so das Christenthum, wie ein jüngster Tag, die ganze
Sinnenwelt mit allen ihren Reizen, und drückte sie zu einem Grabes¬
hügel zusammen."
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