Full text: Für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten incl. Obersecunda (Teil 2, [Schülerband])

Bilder zur Veranschaulichung des klassischen Altertums. 
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Nacht zu, in Hoffnung und in Furcht, die Furcht aber war stärker. 
Denn das Erddeben dauerte fort, und viele Wahnsinnige höhnten in 
grauenvollen Weissagungen das eigene und das fremde Unglück. Uns 
jedoch kam nicht einmal da, obwohl wir Gefahr sowohl erlebt hatten 
als erwarteten, der Gedanke wegzugehen, bis wir Nachricht über den 
Oheim hätten.“ 
Wir haben diesem Berichte (des Plinius) nur einiges in betreff 
Pompejis, dessen Anschauung uns wieder vergönnt ist, beizufügen. 
Pompeji ist lediglich durch den Stein-, Sand- und Aschenregen 
und durch den Schlamm, in den ein vulkanisches Gewitter letzteren 
noch verdichten mochte, vom Angesichte der Erde gerückt worden. Nur 
solcher Schutt überdeckt es bis zu einer Tiefe von 15 Fuß, aber 
keine Spur von Zerstörung durch Lava und kaum eine des Erdbebens. 
Darum steht, allgemein betrachtet, noch sämtliches Mauerwert, es sleht 
da wie erst neulich aufgeführt, und nur die Dächer sind eingedrückt, 
die hölzernen Thüren und Treppen von der Glut der Asche oder 
allmählich von der Feuchtigkeit des Erdreichs verzehrt worden. Die 
dava hat ihren Weg mehr westlich genommen und namentlich Hercu— 
laneum dort in ihrem Feuerstrom verschlungen. Noch jetzt sind in 
jener Gegend die unerschöpften Lavabrüche von Torre del Greco. 
Aus dem von Dio Cassius berührten Umstande, daß die Pom— 
pejaner gerade im Theater versammelt gewesen,, erklärt es sich, wes— 
halb, in der Stadt selber wenigstens, nur eine so geringe Anzahl um— 
gekommen. Man hat bisher nur die Überreste von etwa vierhundert 
entdeckt. Es scheint demnach, daß all die übrigen tausende, da die 
Theater so nahe den Thoren lagen, unmittelbar zur Stadt hinaus— 
seflohen sind. Eben darum ist auch so wenig gerettet worden, Hab 
und Gut in fast allen Häusern vollständig und unverrückt stehn ge— 
blieben. Die ärmsten durften auch kaum versuchen, etwas zu retten. 
kin Priester oder Diener der Isis wollte sich mit Kostbarkeiten des 
Heiligtums flüchten: man hat seine Leiche, noch belastet, in Forum 
aufgefunden. Einen andern überraschte bei dem gleichen Geschäfte 
schon im Tempel selbst die zunehmende Verschuftung. Schon hatte 
er sich, um einen neuen Ausweg zu finden, mit einem Beile durch 
zwei Wände durchgehauen, vor der dritten aber ist er, erstickt oder 
don der Angst erschöpft, zusammengesunken. Ebenso lag beim Hause 
des C. Sallustius die Leiche eines Weibes mit Geld und Schmug 
und einem Spiegel. 
Dem Verderben in der Stadt also sind die Einwohner größten— 
keils entronnen, ob aber auch außerhalb der Stadt? Nur wenige 
mögen es auch da noch, wie es von Himmel und Erde und selbst 
bon der See herkam, überstanden haben. Titus, welcher damals Rom 
deherrschte, dachte daran die untergegangenen Städte wiederherzu— 
sellen indes ist es bei Pompeji wenigstens zu keinem neuen Anbau 
Lkommen. Man begnügte sich, wovon noch in unserer Zeit die 
Spuren bemerkt werden, hin und wieder durch den Schutt hinab in
	        
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