Geographische und naturgeschichtliche Bilder.
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verklungen, die ihm einst erschallten, die Lorbeerkränze vermodert.
Armes Tier! grausame Qualen sind der Lohn, welcher deiner im
Alter wartet! Undankbarer, als gegen einen Belisar, verfährt gegen
manches Heldenroß der Mensch. Der Sporn hat die Seiten des
Pferdes mit Narben bedeckt, seine Schenkel find angelaufen, die Fesseln
steif von angestrengter Arbeit, die Hufe durch die Nägel zerriffen,
durch die Zügel, mit denen eine harte Hand es leitete, ist der
Mund erschlafft. Zum elenden Gerippe hat das Alter es abgezehrt;
das Feuer seiner Augen ist erloschen, lebensmüde senkt es sein Haupt.
Und dennoch wird ihm keine Ruhe gegönnt; nicht die freundlichen
Winke des Reiters lenken es mehr, eine rohe Hand fesselt es an den
schweren Karren und führt die Peitsche mit grausamer Übung. Kaum
vermag es noch in düstern, mit Spinngeweben ausgekleideten Stall
aus modriger Krippe sein hartes Futter zu zermalmen. Nur ein
schmachvoller Tod erlöst es von seinen Leiden.
11. Vergleich des skandinavischen Gebirgs mit den Alpen.
Erd⸗ nuae Le.
In Hinsicht der Ausdehnung ist die Gebirgsmasse Skandi—
naviens viel bedeutender als jene der Alpen, aber diese sind fast doppelt
so hoch, sowohl in ihrer mittleren Höhe, als in ihren erhabensten
Gipfeln. Das skandinavische Gebirge gewährt nicht den groß—
artigen Anblick der Apen, denn teils bleibt bei der allmählichen
Erhebung des Landes von der Ostsee bis zum Fuße des Hochgebirges
für die relative, auf das Auge wirkende Höhe des Gebirges zu wenig
übrig, teils bestehen die Gipfel fast nur in abgerundeten, selten pyra—
midal aufsteigenden Felsenmassen, die verbunden sind durch einen
breiten Kamm formlofer Hochebenen. Überhaupt enthält die skandi—
navische Halbinsel gar keine Kettengebirge, wie die Alpen, Apen—
ninen und Pyrenäen, sondern der Kern ist ein zusammenhängendes,
oben ziemlich ebenes Hochland, welches von unzähligen Thälern
durchfuͤrcht wird. Wenn man anderswo sagt, daß die Berge sich
aus den Ebenen erheben, so muß man hier annehmen, daß die Thäler
in die Bergebenen einschneiden und diese unterbrechen.
Die Richtung der skandinavischen Gebirge läuft mehr von
Norden nach Süden, die der Alpen mehr von Osten nach Westen;
jene umfassen 13 Breitengrade, diese nur 403, woher in Skandinavien
die größere Terschiedenheit in Klima und Pflanzen rührt, wenn man
bloß das flache Land berücksichtigt; da indessen die Alpen so sehr viel
höher sich auftürmen, so finden hier im ganzen dennoch größere
klimatische Verschiedenheiten statt. Die skandinabische Ge—
birgsmasse ist mehr dem Einflusse des Meeres unterworfen, welches
ihrer Westseite in hohem Maße das Küsten-Klima mitteilt. Durch
die Fjorde dringt das Meer tief in die Bergmasse hinein, nicht so
bei den Alpen. Das standinavische Gebirge bricht sehr schroff gegen