Full text: Für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten incl. Obersecunda (Teil 2, [Schülerband])

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Geographische und naturgeschichtliche Bilder. 
durch alle Länder und Völker, bis in die äußersten Zonen der Heiden 
vorgedrungen. So weit christliche Gemeinden wohnen, ist er 
ein gefeierter Name, an den täglich Erinnerungen, Gefühle, Gedanken, 
UÜberzeugungen von der größten und höchsten Wichtigkeit für das 
menschliche Herz geknüpft sind. Auch die zerstreuten und verstoßenen 
Kinder Israels sind an diesen Boden noch in ihrem ganzen alt— 
gläubigen Ideeenkreise gefesselt, durch ihre Patriarchenzeit, durch Jehova, 
den Gott ihrer Väter, durch den einen Tempel auf Moria, durch die 
Glanzperioden ihrer Richter, Propheten, Gesetzgeber, Sänger, Könige, 
ja selbst durch das ganze Geschick ihres Volkes, durch dessen furcht— 
baren Sturz und die daraus hervorgegangene Zerstreuung. Viele 
von ihnen, voll Sehnsucht nach jener alten Heimat der Verheißungen, 
kehren aus dem fernsten Orient und Occident in ihrem höchsten Lebens— 
alter auch heute noch dahin zurück, um ihre Asche am Fuße des 
Berges Moria zu den Gebeinen ihrer Vorväter zu versammeln. Und 
ihre Dränger, die Araber und Türken, die heutigen Gebieter des 
Landes, erkennen wenigstens, nach Mekka, die heilige Stadt, el Kods, 
d. i. Jerusalem, als den zweiten würdigsten Ort der Wallfahrten für 
die ganze Erde an. 
Palästina war vom Anfang an ein abgesondertes Land, und 
sollte es auch sein, wie Israel ein abgesondertes Volk; und darum 
waren auch Jahrtausende hindurch beide für andere Länder und 
Völker so unverständlich wie unzugänglich geblieben. Ungeachtet seiner 
anscheinend so günstigen Lage zwischen den bedeutendsten Kulturvölkern 
der alten Welt, hat doch Palästina von jeher am großen Weltverkehr 
nie selbständig, sondern immer nur mittelbar Anteil nehmen können. 
An Bodenerzeugnissen, die ihrer Eigentümlichkeit wegen auf dem Welt— 
markte gesucht worden wären, fehlte es; wenigstens brachte das kleine 
Land niemals einen Überfluß hervor, durch dessen Ausfuhr die Be— 
wohner fich einigen Einfluß auf den Welthandel hätten sichern können. 
Vom Verkehr zur See blieb Palästina durch den Mangel an Hafen— 
plätzen ausgeschlossen. Die Strömungen des mittelländischen Meeres 
gehen an der Küste des Landes vorüber, erschweren somit die Ab— 
und Zufahrt und bilden keine Buchten, wie sie zum Schutz für Schiffe 
nötig sind. Stapelplätze von Bedeutung konnten schon aus diesem 
Grunde nicht entstehen. Dagegen bewegte sich im Altertum der Land— 
handelsverkehr der Phönizier mit den Arabern, Babyloniern, Chaldäern, 
Persern und Assyriern, der Syrer, Armenier und Mesopotamier mit 
den Arabern und Agyptern, um unwirtliche Wüsten und unwegsame 
Gebirge so viel als möglich zu vermeiden, großenteils durch Palästina. 
An diesem Verkehre beteiligten sich die Bewohner Palästinas haupt— 
sächlich nur dadurch, daß sie Lasttiere zum Transport von Waren 
stellten und Lebensmittel für die Karawanen lieferten. Als Zahlung 
nahmen sie dagegen allerlei Artikel in Empfang, die in ihrem Lande 
gebraucht wurden und mit Vorteil wieder verwertet werden konnten. 
Der Bedarf war mannigfaltig, namentlich an Fabrikaten; denn
	        
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