64
9. Da stand der Mann von Eisen,
Des Scheins der Anmut bar.
„Ihr seid, sprach er, zu Preisen
Als schöne Kön'gin zwar;
Doch schöner Königinnen
Einhundert sind zu leicht,
Wenn man sie mit den Zinnen
Von Magdeburg vergleicht."
10. O Schönste von den Schönen,
Der Reinen Reinst/du,
So hörtest du das Höhnen,
Und schwiegest still dazu.
Du hobest in die Lüfte
Den nassen Blick hinauf
Und wandtest über Grüfte .
Bald selbst dorthin den Lauf.
11. Dort fandest du gelinder
Für deine Bitt' ein Ohr
Um die Burg deiner Kinder,
Die unsre Schuld verlor.
Dort hast du sie erbeten
Für uns von Gott zurück,
Und freust dich, zu vertreten
Im Himmel Preußens Glück.
53. Ursprung der Kose.
Friedrich Rückert.
1. Den Rosenzweig benagt ein Lämmchen auf der Weide,
Es that's nur sich zur Lust, es that's nicht ihm zum Leide.
2. Dafür hat Rosendorn dem Lämmchen abgezwackt
Ein Flöckchen Wolle nur, es ward davon nicht nackt.
3. Das Flöckchen hielt der Dorn in scharfen Fingern fest;
Da kam die Nachtigall und wollte baun ihr Nest.
4. Sie sprach: „Thu' aus die Hand und gieb das Flöckchen mir,
Und ist mein Nest gebaut, sing' ich zum Danke dir."
5. Er gab, sie nahm und baut', und als sie nun gesungen,
Da ist am Rosenbaum vor Lust die Ros' entsprungen.