Full text: [Band 6 = Klasse vier, siebtes Schuljahr, [Schülerband]] (Band 6 = Klasse vier, siebtes Schuljahr, [Schülerband])

14 J J a rr e ee e e 
88. Der törichte Jäger. 
Von Gustav Falle. 
E 
Er zog hinaus, das Glück zu fangen, 
und jagte mit erhitzten Wangen 
bis in den späten Abendschein. 
Umsonst, es war ein schlimmes 
er kehrte müde und zerschlagen 
in seine warme Hütte ein. 
Jagen, 
2 
Da saß in schlichtem Werkelkleide, 
dem wilden Jäger schier zuleide, 
am Herde eine stille Magd. 
Sie reichte ihm den Trunk, den Bissen, 
und ging zu Hand ihm, dienstbeflissen, 
wie es dem müden Mann behagt. 
3. Sie hatte still sich eingefunden 
und ungefragt, vor Jahr und Stunden, 
und ihre Treue nahm er hin. 
Heut saß sie blaß zu seinen Füßen; 
er ließ sie seinen Unmut büßen, 
das flüchtige Wild lag ihm im Sinn. 
„Und muß ich mich zu Tode hetzen, 
es soll mein heißes Herz ergetzen,“ 
rief er und rief sein letztes Wort 
und kehrte grollend ihr den Rücken 
und setzte über Traumesbrücken 
die Jagd nach seinem Wilde fort. 
5. Am Morgen, eh' die Vögel girrten, 
erwacht' er. Seine Blicke irrten 
schlaftrunken über Bett und Wand 
und hin zum Herd. Da stand im Scheine 
des Feuers, bleich am weißen Steine, 
die Magd, ihr Bündel in der Hand. 
„Vohin? Was treibt dich?“ — „Laß mich wandern, 
mein Dienst gehört jetzt einem andern, 
leb' wohl, ich kehre nicht zurück.“ 
Schon stand sie draußen vor der Pforte, 
er hört nur noch die Abschiedsworte: 
„Vergiß mich nicht, ich war das Glück.“
	        
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