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Mängel, seine Neigungen und Fehler, den Selbstbetrug und die Not¬
behelfe, mit denen er sich und andere täuschte, klarer als irgendein
anderer Koran eines Propheten zeigt. Bei veranlassenden Umständen,
oder wenn er aus einer beschauenden Entzückung zu sich kam, sagte er
ihn in einzelnen Stücken her, ohne an ein schriftliches System zu denken;
es waren Ergießungen seiner Phantasie oder ermunternde, strafende
Prophetenreden, die er zu anderer Zeit als etwas, das über seine Kräfte
ging, als eine göttliche, nur ihm verliehene Gabe selbst anstaunte. Da¬
her forderte er wie alle mit sich getäuschten Gemüter Glauben, den er
zuletzt auch von seinen bittersten Feinden zu erpressen wußte. Kaum
war er Herr von Arabien, so sandte er schon an alle benachbarte Reiche:
Persien, Äthiopien, Jemen, ja an den griechischen Kaiser selbst Apostel
seiner Lehre, weil er diese, so national sie war, als die Religion aller
Völker ansah. Die harten Worte, die ihm bei Rückkehr dieser seiner
Gesandten, als er die Weigerung der Könige hörte, entfielen, nebst jener
berühmten Stelle des Koran im Kapitel der Buße, waren seinen Nach¬
folgern Grundes genug, das auszuführen, was dem Propheten selbst sein
früher Tod untersagte, die Bekehrung der Völker.
Es ist in Absicht der Meinungen, welche der Mohammedanismus lehrt,
nicht zu leugnen, daß sie die heidnischen Völker, die sich zu ihm bekannten,
über den groben Götzendienst der Naturwesen, der himmlischen Gestirne
und irdischer Menschen erhoben und sie zu eifrigen Anbetern eines
Gottes, des Schöpfers, Regierers und Richters der Welt, mit täglicher
Andacht, mit Werken der Barmherzigkeit, Reinheit des Körpers und Er¬
gebung in seinen Willen gemacht hat. Durch das Verbot des Weines hat
sie der Völlerei und dem Zank zuvorkommen, durch das Verbot unreiner
Speisen Gesundheit und Mäßigkeit befördern wollen; desgleichen hat sie
den Wucher, das gewinnsüchtige Spiel, auch mancherlei Aberglauben
untersagt und mehrere Völker aus einem rohen und verdorbenen Zustande
auf einen mittleren Grad der Kultur gehoben; daher auch der Moslem
(Muselmann) den Pöbel der Christen in seinen groben Ausschweifungen,
insonderheit in seiner unreinen Lebensweise tief verachtet. Die Religion
Mohammeds prägt den Menschen eine Ruhe der Seele, eine Einheit des
Charakters auf, die freilich ebenso gefährlich als nützlich sein kann, an
sich aber schätzbar und hochachtungswürdig bleibt; dagegen die Vielweiberei,
die sie erlaubt, das Verbot aller Untersuchungen über den Koran und
der Despotismus, den sie im Geist- und Weltlichen feststellt, schwerlich
anderes als böse Folgen nach sich ziehen mögen.
Wie aber auch diese Religion sei, so ward sie durch eine Sprache
fortgepflanzt, die die reinste Mundart Arabiens, der Stolz und die Freude
des ganzen Volkes war; kein Wunder also, daß die andern Dialekte da¬
mit in den Schatten gedrängt wurden und die Sprache des Korans das
siegende Panier der arabischen Weltherrschaft ward. Vorteilhaft ist