Object: [Teil 4 = Kl. 6, [Schülerband]] (4.;[Schülerband])

Aus Heimat 
und Fremde 
— 
80. Berlin als Blumenstadt. von Johannes Trojan. 
Velhagen und Klasings Monatshefte. 7. Jahrg. (1893). 9. Heft. 8. 310. 
De Stadt Berlin fehlt es nie an Blumen, wenn sie zu einem Fest 
sich schmücken will. Am reichsten und glänzendsten vielleicht ist sie 
in dieser Beziehung im Winter versorgt, aber am schönsten steht auch ihr der 
Blütenschmuck des Frühlings. Der Frühling und der Anfang des Sommers 
noch bilden die Zeit, da Berlin sich, wie viele behaupten, am besten aus— 
nimmt. Um diese Jahreszeit hat das junge Laub noch nicht vom Staube 
gelitten, auf den Schmuckplätzen und in den Anlagen blühen Bäume und 
Sträucher, und auch die Vorgärten gewähren einen sehr freundlichen 
Anblick. Das ist die schöne Zeit, welche beginnt mit dem Erblühen der 
Aprikosen- und Pfirsichbäume und endet mit der Rosen- und Lindenblüte. 
Dann kommt die Reisezeit der Berliner, und wenn sie zurückkehren, ist 
das Laub fahl geworden, und manche Bäume auf den Straßen stehen 
schon kahl da. Aber Blumen gibt es noch, vor allen Dingen in den 
Blumenläden.. 
Die Blumenläden, in großer Anzahl über ganz Berlin zerstreut, sind 
eine Zierde der Stadt. Vielleicht gibt es wenig andere Orte, die so viel 
Hübsches derart aufzuweisen haben. Die Berliner Blumenhändler sind 
sehr geschickt darin, ihre Schätze in den Schaufenstern geschmackvoll an— 
zuordnen, und einige solcher Schaufenster Unter den Linden, in der 
Leipziger und der Potsdamer Straße gehören zu den Sehenswürdigkeiten 
der Hauptstadt. Wo es angeht, werden auch draußen vor der Tür noch 
blühende Topfgewächse aufgestellt, vorausgesetzt, daß die Witterung es zu— 
läßt. Für den Blumenfreund sind die Blumenläden Berlins eine Quelle 
bielen Vergnügens. Man kann sagen, daß sie in ihrer Gesamtheit eine 
mmerwährende Blumenausstellung bilden, in der das Schönste zu sehen 
ist, was die Jahreszeit im Verein mit gärtnerischer Kunst hervorbringt. 
Die Kunst des Gärtners aber beachtet die Jahreszeiten gar nicht, sie 
bringt es zuwege, daß Blumen außer ihrer Zeit blühen, so schön, so voll— 
kommen, als wäre es ihre natürliche Blütezeit. Im Spätherbst schon 
gibt es bei den Blumenhändlern Maiglöckchen, Hyazinthen und Tulpen, 
und im Januar fängt bereits der schönste Rosenflor an. Veilchen aber 
findet man das ganze Jahr hindurch, die heiße Sommerzeit ausgenommen. 
Bei unseren Dichtern erscheint das Veilchen noch als die eigentliche 
Frühlingsblume, die es in Wirklichkeit längst nicht mehr ist. Nun kommt
	        
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