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Der Glanzpunkt der mexikanischen Städte ist auf dem Hauptplatz
zu suchen. Die eine Seite desselben nimmt die Hauptkirche ein, während
die übrigen von großen Häusern gebildet werden, deren unterer Stock
durchlaufend aus breiten Seitengängen besteht. In diesen Wölbungen
erblickt man die schönsten Kaufläden, Magazine, Kaffeehäuser und Wein-
läden. Ein schöner Brunnen oder eine Denksäule pflegt die Mitte des
Platzes zu zieren, der auch oft mit Baumreihen geschmückt ist, die einen
angenehmen Spaziergang gewähren. In kleineren Städten wird hier
gewöhnlich der Wochenmarkt gehalten.
Man kann nicht leicht einen schönern Anblick haben, als z. B. den
Markt von Cordova. Weiße und Indianer, Mestizen, Mulatten und
Neger, alle rein gekleidet, drängen sich im bunten Gewühl durcheinander.
Nirgends sieht man eine solche Mannigfaltigkeit von Früchten aller
Zonen, als hier auf der Grenze zwischen der heißen und gemüßigten
Gegend. Eine prächtige Tropenlandschaft umschließt dabei das bewegte
Leben. Hohe Palmen und großartige Bananen wiegen sich hier in der
milden Luft, und den Hintergrund bildet das Gebirge von O r i z a v a
mit seinem schimmernden Schneekegel.
Dem Mexikaner ist dieser Platz, was dem Römer sein Forum war.
Jedes Ereignis hört man hier zuerst, jede Festlichkeit ist auf diesem
Platze zu sehen. Hier werden Wahlen vorgenommen und öffentliche
Reden gehalten, die Bürgergarden gemustert, Feuerwerke abgebrannt,
Wahrsager lehnen an den Pseilern und erteilen Orakel, Maultiertreiber
suchen Rückfracht, Trödler mit allen Schnurrpfeifereien tragen ihren
Flitter in der Hand und preisen ihn den jungen Mädchen an, die mit
sehnsüchtigen Augen die Ohrringe und Halsbänder betrachten.
Von diesem Platze gehen auch die Hauptstraßen aus. die mit ihren
schönen Häusern von den reichsten Leuten bewohnt werden. Vor-
mittags ist hier der lebhafteste Verkehr. Die Angestellten eilen auf
ihre Bureaux, die Kaufleute auf ihre Eomptoire, die Mäkler machen
ihre Runde bei der Handelswelt und die Equipagen der Ärzte halten
vor den größern Häusern. Ganze Züge von Maultieren bringen Waren
oder holen sie ab, Karawanen von Eseln schleppen gefüllte Schläuche,
und Züge von Indianern traben beladen nach dem Gemüsemarkte oder
der Fruchthalle.
Wir begegnen Mönchen von allen Farben, Weltgeistlichen, welche
nach ihren Kirchen gehen, Studenten im langen Talar und Barett,
welche ihre Vorlesungen besuchen. Damen in schwarzer Seidentracht,
die Spitzenmantille über den Kopf gezogen, gehen feierlich auf dem
Wege nach der Messe. Verkäufer aller Art rufen mit lauter Stimme
ihre Waren aus. Bäckerjungen schreien ihr frisches Brot, stämmige
Burschen ihre gebratenen wilden Enten, Indianerinnen ihre Gemüse
und Früchte, andere ihre Schuhe, Tücher, Zeitungen u. s. w. aus.
Häufig sieht man Kühe mitten in der Straße stehen, die gleich vor den
Häusern ihrer Milchabnehmer gemolken werden. Im Sommer ziehen