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Form zugleich ein Denkakt der Selbsttatigkeit und eine gute Ubung im Sprechen.“)
Dabei steht alles in innigstem Zusammenhang: Gruppenbild, Erganzungsbild und
Ubungstext. Es ist noch Zeit genug, aus geschriebenen Wörtern Mitteilungen
entgegenzunehmen. Lassen wir doch die Schuler zuvörderst Jelbst anschauen,
denken und sprechen; sie möchten sich sonst zu früh auf die Buchweisheit ver.
lassen. lch verweise mit allem Nachdruck darauf und möchte trotzdem meine
Fibeln von der ersten Unterrichtsstunde an benutzt wissen, und dies waäre
nach meinem Ideal der erste Schultag, der die Lernlust des einen Kindes gleich
befriedigen, dem andern die Angst vor der vermeintlichen Plage sofort nenmen
sollte; daher erstrebte ich wiederum eine durchaus übersichtliche Anlage,
Ordnung in allen Dingen. Das erwartungsvolle kind soll seines Lieblings-
buches froh werden und zugleich am ersten Tage erfahren, was die Schule ist,
und wie es dort zugeht.
Wer aus Verlegenheit oder Unwissenheit die lgnorierung des traditionellen
Vorrechts der Formalprinzipien bei der Auswahl und Anordnung des Lesetextes
im grundlegenden Teil der Fibel als urwüchsig neu oder gar als geistreich
originell, als epochemachende Großtat anpreist, muß Fachkundigen als un-
wahrhaftig oder albern anmaßend erscheinen. Es gab in der Entwicklungsge-
schichte des ersten Leseunterrichts eine Periode — und sie hatte ganz hervor—
ragende Vertreter — da war das phonetische Prinzip alles, Inhalt und Gehalt
nichts. Zur Blutezeit der Normalsatz- und Lesestückmethode wurde es schreiend
ignoriert. Heute laufen beide Richtungen in den krassesten Ausartungserscheinungen
unversöhnt nebeneinander her. Hie Form! Hie Sache! — Eins sjo extrem und
verwerflich vie das andere. Auch hier ist die Mitte nur golden!
Allerdings ist es schwer, sehr schwer, allen berechtigten Prinzipien: dem
Sachprinzip, dem phonetischen Prinzip, dem kalligraphischen und orthographischen
Prinzip, dem Konzentrations- und Kunstprinzip mõöglichst gleichmaßig oder doch
organisch ausgleichend gerecht zu werden. Wer — wie ich — wiederholt dieser
Arbeit sich gründlich unterzog, weiß, welche Muhe sie fordert; aber es ist für
ihn auch gewiß: der Nachahmer (und die Nachahmungssucht scheint epidemisch
und immer unehrlicher zu werden) mut Seitensprünge machen und Purzelbaume
schlagen, muß zu Spielerei und Kunstelei seine Zuflucht nehmen, muß statt
Ordnung mindestens Unordnung bieten, sonst wird das „Genie“ nichtentdecht.
Getreu blieb ich endlich auch meinem alten Grundsatze: Alles zu seiner
Zeit, am rechten Ort und auf die rechte Weise! — meinem sachunter-
riehtlichen Lehrgang. Bei willkommenem Schneefall um Sylvester wird man
sich vernünftigerweise nicht von den Annehmlichkeiten des Sommers und bei
lustig erfrischendem Bade an Johanni nicht von den Vergnugen des Winters unter-
halten. Gerade die bedeutungsvollsten, die allgemeinen, im Leben des Kindes
immer wiederkehrenden „Höhen- und Wendepunkte“ fallen in ganz be—
stimmte Abschnitte des Jahres. Veilchen pflückt man nicht — es seien denn ver-
Jpatete, zeitlosel — im Herbst und Apfel nicht im Fruhling. Das Chrijtkind kommt
nicht an Ostern und der Osterhase nicht an Weihnachten. Wonhl flattern die
Schwalben den ganzen Sommer hindurch an uns voruber, und doch schenken wir
)Ver datan keinen Gefallen finden sollte, der lese bis zur Einfũhrung zwei- und mehrlautiger Wörter—
und damit hat es, sollen sich die Kleinen nicht zu frün mit dem schwierigsten Akte des Lesens, dem Zusammen-
ziehen. abmũhen. lange Zeit — nur die in Fetischrift aufgenommenen Interjektionen und Nachahmungslaute.