Full text: Theil 1, [Schülerband] (Theil 1, [Schülerband])

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Rothkäppchen her, dann sprach er: „Rothkäppchen, sieh einmal 
die schönen Blumen, die rings umher stehn, warum guckst 
du dich nicht um? Ich glaube, du hörst gar nicht, wie die 
Vöglein so lieblich singen? Du gehst ja für dich hin, als 
wenn du zur Schule gingst, und ist so lustig haußen in 
dem Wald.“ 
Rothkäppchen schlug die Augen auf und als es sah, wie 
die Sonnenstrahlen durch die Bäume hin und her tanzten, 
und alles voll schöner Blumen stand, dachte es: „Wenn ich 
der Großmutter einen frischen Strauß mitbringe, der wird 
ihr auch Freude machen; es ist so früh am Tage, daß ich 
doch zu rechter Zeit ankomme,“ lief vom Wege ab in den 
Wald hinein und suchte Blumen. Und wenn es eiue gebrochen 
hatte, meinte es, weiter hinaus stände noch eine schönere, 
uͤnd lief danach und gerieth immer tiefer in den Wald hinein. 
Der Wolf aber ging geradeswegs nach dem Hause der Groß— 
mutter und klopfle an die Thür. „Wer ist draußen?“ — 
„Rothkäppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach' auf!“ 
„Drück nur auf die Klinke!“ rief die Großmutter, „ich bin 
zu schwach und kann nicht aufstehn.“ Der Wolf drückte auf 
die Klin.?, Lie Thür sprang auf, und er ging, ohne ein Wort 
zu sercchen, gerade zum Bett der Großmutter und verschluckte 
sie. Dann lhat er ihre Kleider an, setzte ihre Haube auf, 
legte sid in ihr Vett und zog die Vorhänge vor. 
othkäppchen aber war nach den Blumen herumgelaufen, 
und aus »5 so viel zusammen hatte, daß es keine mehr tragen 
konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein, und es machte 
sich auf den Weg zu ih.. Es wunderte sich, daß die Thür 
aufstand, und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so 
sellsam darin vor daß es dachte: „Ei du mein Gott, wie 
ängstlich wird mire heute zu Muth, und bin sonst so gerne 
bei der Großmutter!“ Es rief „Guten Morgen!“ bekam aber 
keine Antwort. Darauf ging es zum Bett und zog die 
Vorhänge zurück. Da lag die Großmutter und hatte die 
Haube lief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus. 
XEi, Großmutter, was hast du für große Ohren!“ „Daß ich 
bich besser hören kann.“ „Ei, Großmutter, was hast du
	        
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