Full text: [Band 7 = dritte Klasse, achtes Schuljahr, [Schülerband]] (Band 7 = dritte Klasse, achtes Schuljahr, [Schülerband])

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anspruchsloser; sie verstanden noch die große Kunst, das Behagen 
aus sich selbst zu schöpfen. Die Ausstattung der neuen Wohnung 
auf der Esplanade war noch einfacher, als es der heutige Zustand ver¬ 
muten läßt. Der schöne Teppich und die Polstermöbel, Schenkungen 
späterer Zeit, zierten noch nicht den Salon. Einige gewöhnliche 
Stiche, drei farbige Drucke, südliche Landschaften darstellend, hingen 
an den Wänden. In dem Arbeitszimmer stand ein altes Spinett, an 
dem Lolo oft auf den Wunsch des Gatten niedersaß und einfache 
Lieder spielte und sang. Der Schreibtisch, an dem die unsterblichen 
Werke entstanden, kann nicht schmuckloser sein; es ist derselbe, den 
Schiller in der kargen jenaischen Zeit nicht ohne einige Gewissens¬ 
bisse hatte anfertigen lassen. Die Fenster waren mit kurzen Vor¬ 
hängen von roter Farbe versehen, Schiller behauptete, daß der rote 
Schein ihn beim Arbeiten anrege. Schränke, Kommoden, Stühle, alles 
war so einfach, daß heute eine Kleinbürgerfamilie sich kaum mit 
solchem Mobiliar begnügen würde. 
Aber in diesen fast dürftigen Bäumen herrschte ein hoher Geist. 
In dem Schillerschen Hause ging es zu, wie es in einem deutschen 
Gelehrtenhause zugeht. Wenig Muße, viel Arbeit. Aber die Gegen¬ 
stände und die geistige Bedeutung der Arbeit warfen ihren verklärenden 
Schein auch in die Mußestunden und in die Gespräche der Familie. 
Alles, was Schillers Wort berührte, auch das Alltägliche, wurde ge¬ 
hoben und veredelt. Er liebte den heiteren, sonnigen Scherz; aber 
man hörte ihn nie oder selten spotten. Sein Gespräch war lebhaft; 
er war schön, er bezauberte einfältige Herzen und bedeutende Geister 
gleichermaßen. Bescheiden ließ er dem andern das Wort und erfreute 
ihn, indem er das seine ungezwungen daran anschloß. Gästen war 
er der liebenswürdigste Wirt. In seinem äußeren Benehmen prägte 
sich eine wohltuende Mischung ritterlicher Höflichkeit und herz¬ 
licher, ungezwungener Freundlichkeit aus; jedem Fremden wurde 
bald in seiner Gesellschaft gemütlich zu Sinne. 
Die Bilder, die wir von ihm besitzen, geben allesamt keinen voll¬ 
ständigen Eindruck. Selbst das Antlitz ist uns nur mangelhaft über¬ 
liefert. Fügen wir hier die Schilderung Charlottens hinzu: „Schiller 
hatte sehr blonde, hellgelbe Haare, ein blasses, weißes Gesicht und eine 
sehr zarte Haut, keine griechische Nase, keine aufgeworfenen Lippen; 
der Knochenbau des unteren Gesichtsteiles trat hervor. Es gab nicht 
leicht eine schönere Gestalt als die seinige. Edel und ernst war sein 
Anstand; man sah, daß er militärisch erzogen worden, an der Haltung 
seines Körpers. Eine natürliche Feinheit hatte ihn früh alles Unedle 
verachten lehren; so war auch seine Erscheinung in der Weit und in 
der Gesellschaft. Nie war er verlegen und ängstlich, die Konvenienz
	        
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