Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerband])

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Für ein Ding, sage ich, hat Homer gemeiniglich nur einen Zug 
Ein Schiff ist ihm bald das schwarze Schiff, bald das hohle Schiff', 
bald das schnelle Schiff, höchstens das wohlberuderte, schwarze 
Schiff: weiter lässt er sich in die Malerei des Schiffes nicht ein. 
Aber wohl das Schiffen, das Abfahren, das Anlanden des Schiffes* 
macht er zu einem ausführlichen Gemälde, zu einem Gemälde, aus 
welchem der Maler fünf, sechs besondere Gemälde machen müsste, 
wenn er es ganz auf seine Leinwand bringen wollte. Zwingen den 
Homer ja besondere Umstände, unseren Blick länger auf einen ein¬ 
zelnen körperlichen Gegenstand zu heften, so wird dem ungeachtet 
kein Gemälde daraus, dem der Maler mit dem Pinsel folgen könnte, 
sondern er weiss durch unzählige Kunstgriffe diesen einzelnen Gegen¬ 
stand in eine Folge von Augenblicken zu setzen, in deren jedem 
er anders erscheint, und in deren letztem ihn der Maler erwarten 
muss, um uns entstanden zu zeigen, was wir bei dem Dichter ent¬ 
stehen sehen Z. B. will Homer den Wagen der Juno sehen lassen, 
so muss ihn Hebe vor unseren Augen Stück für Stück zusammen¬ 
setzen. Wir sehen die Bäder, die Achsen, den Sitz, die Deichsel, 
Kiemen und Stränge, nicht sowohl wie es beisammen ist, als wie 
es unter den Händen der Hebe zusammen kommt. Auf die Räder 
allein verwendet der Dichter mehr als einen Zug und weiset uns 
die ehernen acht Speichen, die goldenen Felgen, die Schienen von 
Erz, die silberne Nabe, alles insbesondere. Man sollte sagen, da 
der Räder mehr als eines war, so musste in der Beschreibung 
ebenso viel Zeit mehr auf sie gehen, als ihre besondere Anlegung in 
der Natur selbst mehr erforderte. 
Will uns Homer zeigen, wie Agamemnon bekleidet gewesen, 
so muss sich der König vor unsern Augen seine völlige Kleidung 
Stück für Stück umthun, das weiche Unterkleid, den grossen Mantel, 
die schönen Halbstiefel, den Degen; und so ist er fertig und ergreift 
das Scepter. Wir sehen die Kleider, indem der Dichter die Hand¬ 
lung des Bekleidens malt; ein anderer würde die Kleider bis auf 
die geringste Franse gemalt haben, und von der Handlung hätten 
wir nichts zu sehen bekommen.* Und wenn wir von diesem Scepter, 
welches hier bloss das väterliche, unvergängliche Scepter heisst, so¬ 
wie ein ähnliches ihm an einem anderen Orte bloss das mit goldenen 
Stiften beschlagene Scepter ist; wenn wir, sage ich, von diesem 
wichtigen Scepter ein vollständigeres, genaueres Bild haben sollen*
	        
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