59
war, da besann sich das Volk wieder aus die alte ewige Heimat. Gottes
Walten im Fall und im Auferstehn war auch dem blödesten Auge erkennbar.
Unter den Wehen der Zeit begann die Neugebnrt des religiösen Denkens
und Lebens. Das geistliche Wort hielt wieder Einzug in den Herzen und
Häusern; die alten kräftigen Trost- und Glaubenslieder wurden wieder
lebendig. Es war wie eine Auferstehung von den Toten. Deutsch und fromm
schloß sich wieder zu einem Begriffe zusammen: dieses wunderbare In¬
einander spiegelt sich aufs klarste in den Liedern der Zeit ab. Auch dies sichert
ihnen eine bleibende Bedeutung. I. Knipser.
11. Theodor Körners Tod.
Die Lützowsche Freischar war im Verlaufe des im Juni 1813 geschlosse¬
nen Waffenstillstandes unter den Befehl des Generalleutnants Graf von
Wallmoden gestellt worden. Dessen Korps bildete einen abgesonderten
Teil des unter dem Oberbefehl des Kronprinzen von Schweden stehenden
Nordheeres und war von diesem an der Nieder-Elbe gegen die französische
Streitmacht des Marschalls D a v o u st zurückgelassen worden, mit dem Aufträge,
ihn an der Nieder-Elbe festzuhalten. Als Vorhut des Wallmodenschen
Korps hatte die Lützowsche Freischar die Aufgabe, den Feind durch Vorposten¬
gefechte zu beschäftigen und ihm seine Zufuhren abzuschneiden. Seit dem
Wiederbeginne der Feindseligkeiten am 17. August hatten die Lützower
fast täglich kleinere Scharmützel mit dem Feinde zu bestehen. So wurde auch
für den 26. August ein Streifzug im Rücken des Feindes angeordnet, bei dem
Major von Lützow persönlich die dazu ausersehenen Kompanien anführte.
In der Nacht vor dem zum Überfalle bestimmten Tage wurde in einem Walde
Rast gemacht. Von Todesahnungen erfüllt, dichtete Körner, während dieser
Rast im Gehölze liegend, seinen letzten Kriegsgesang, sein „Schwertlied"?)
Am dämmernden Morgen des 26. August hatte er es in sein Taschen¬
buch geschrieben und las es unmittelbar vor dem Aufbruch einer Anzahl von
Kameraden vor. Die sehr muntere und aufgeregte Gesellschaft sang, wie ein
Freund Körners berichtet, das Lied sogleich nach irgend einer Melodie oder
stimmte wenigstens in das „Hurra!" am Schlüsse jeder Strophe lebhaft ein.
In den ersten Morgenstunden wurde dem Major von Lützow das Heran¬
nahen eines von Fußtruppen geleiteten feindlichen Transportes von Kriegs¬
und Lebensmitteln gemeldet, und sofort wurde beschlossen diesen aufzuheben.
Auf der Straße von Gadebusch nach Schwerin kam es zum Gefecht. Wie¬
wohl der Feind zahlreicher war, als man geglaubt hatte, gelang der Überfall
vollständig. Nach kurzem Widerstande wandten sich die Mannschaften, die
den Transport begleiteten, zur Flucht und fanden in einem naheliegenden
1) Vgl. Dichtung Nr. 31, S. 226.