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Fünfte Periode. Von 1750—1830.
218. Sehnen und Hoffen.
1. Wenn wir an den Gräbern stehn
Der Geliebten, der Gespielen,
Fühlen wir ein mildes Wehn
Unsre heiße Wange kühlen,
Und ein Licht, ein heller Strahl
Leuchtet in dem Schauertal.
2. Todeswehen, Grabesduft,
Erde, sind es deine Bande?
Oder kamst du, Lebenslust,
Von dem fernen, sel'gen Strande,
Winkest du von drüben her,
Holdes Licht, uns übers Meer?
3. Sehnen kann von Hoffen nicht,
Himmel nicht von Erde lassen,
Was die Sehnsucht sich verspricht,
Mag die Hoffnung fröhlich fassen;
Himmel neigt sich gern herab
Zu den Tränen, zu dem Grab.
4. Winter flieht und Frühling naht;
Scheuch den Traum, du mußt erwachen
Blüten schmücken schon den Pfad,
Und am Ufer harrt ein Nachen;
Steig hinein mit gläub'gem Sinn,
Schau nach jenem Ufer hin!
5. Eines Lebens Atem weht
Durch der Schöpfung weite Räume,
Eines Gottes Ruf ergeht
An die Menschen, Sterne, Bäume,
Halte dran in Lieb' und Treu'!
Einst wird alles jung und neu.
6. Der die Lieb' in unsrer Brust
Und die Flammen all' entzündet,
Hat der holden, regen Lust
Auch den ew'gen Trost verkündet:
Kling', o süße Botschaft, fort,
Leben ist so hier als dort.
7. Pflanzt es auf die Gräber hin,
Unsrer Hoffnung Siegeszeichen,
Daß der Lebenskönigin
Alle Todesschauer weichen;
Über Schmerz und Grab und Zeit
Heb uns hoch, Unsterblichkeit!
FrühlingSgruß an das Vaterland. Teil IV. S. 238. Muttersprache. Teil IV.
S. 247. Auf Scharnhorsts Tod. Teil V. S. 246.
Jakob Grimm und Wilhelm Grimm.
(1785—1863.) (1786—1859.)
Beide Brüder wurden in Kassel erzogen, studierten in Marburg, wurden Pro¬
fessoren in Göttingen und, von da verwiesen, von Friedrich Wilhelm IV. 1841
nach Berlin berufen. Sie sind die Begründer der deutschen Sprachwissenschaft,
haben sich unsterbliche Verdienste um die Würdigung der deutschen Märchen und
Sagen und um die Erforschung des deutschen Altertums erworben. I. Grimm:
„Über altdeutschen Meistergesang". „Deutsche Grammatik". „Deutsche Rechts¬
altertümer". „Deutsche Mythologie". Gemeinsam: „Kinder- und Hausmärchen".
„Deutsche Sagen". „Deutsches Wörterbuch".
219. Aus der Vorrede zu den Kinder- und Hausmnrchen.
Wir finden es wohl, wenn von Sturm oder anderem Unglück, das
der Himmel schickt, eine ganze Saat zu Boden geschlagen wird, daß noch
bei niedrigen Hecken oder Sträuchen, die am Wege stehen, ein kleiner
Platz sich gesichert hat und einzelne Ähren aufrecht geblieben sind. Scheint
dann die Sonne wieder günstig, so wachsen sie einsam und unbeachtet fort: