Full text: [Teil 2, [Schülerbd.]] (Teil 2, [Schülerbd.])

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weilen können mehrere Jahre darüber hingehen, bis zufällig irgend 
ent vorbeisegelndes Schiff sie findet und an Bord nimmt. Häufig 
tverden sie auch von Wilden ermordet oder in schwerer Sklaverei 
gehalten. Nicht selten kommt es vor, daß ein Schiff mitten im 
Meere ein Leck, d. h. ein Loch bekommt und untergeht; oder daß 
Feuer auf dem Schiffe ausbricht, so daß die armen Menschen nur 
die Wahl haben zwischen dem Tod im Feuer und dem Tod im 
Wasser. Schiffe, welche mit Baumwolle beladen sind, geraten bis¬ 
weilen von selbst in Flammen. Außerdem kann das Feuer auf 
einem Schiffe ebenso wie in einem Hanse durch Unvorsichtigkeit 
und Gedankenlosigkeit der Menschen auskommen. Es gibt dann 
keinen andern Rat, als die Rettungsboote ins Meer git setzen und 
in diesen herumzutreiben, bis irgend ein Schiff dahergesegelt kommt 
und die unglücklichen Reisenden aufnimmt, welche inzwischen oft 
schrecklich von Hunger und Durst, Kälte und Nässe gelitten haben. 
Wenn aber ein Schiff, welches in Brand gerät, viele Menschen 
an Bord hat, wird die Not noch größer, ltitb die Qualen, unter 
tvelchen dann die Armen zu gründe gehen müssen, sind oft wahr¬ 
haft haarsträubend. Eines der schrecklichsten Beispiele derart 
haben wir erst in neuerer Zeit an dem Schicksale des Postschiffes 
„Austria" erlebt. Dasselbe hatte am 1. September 1858, geführt 
von dem Kapitän Heydtmann, Hamburg verlassen, um nach New- 
Iork zu fahren. Es war ein großer eiserner Schranbendampfer 
und hatte 560 Personen an Bord, darunter 57 Kinder. Nach 
einer dreizehntägigen, ziemlich widrigen Fahrt waren sie in die 
Nähe der Neufundlandsbänke gelangt, und hier sollte am 13. Sep¬ 
tember, dem ersten schönen Tage, den sie auf der Fahrt erlebten, 
nachmittags das Zwischendeck ausgeräuchert werden. Der Gehilfe 
des Hochbootsmanns bediente sich dazu eines Eimers mit Teer 
und einer glühenden Kette. Unglücklicherweise stürzte der Eimer 
um, und der ausfließende, in Brand geratene Teer setzte in lvenig 
Augenblicken das Zwischendeck in helle Flammen. Alsbald erreichte 
das Feuer auch das Verdeck, das Tauwerk und die Segel und 
verbreitete sich so rasch, daß an ein Löschen nicht zu denken war. 
Einzelne Passagiere sprangen schon gleich anfangs ins Wasser, viele 
andere erst dann, als sie von der Glut des Feuers dazu gezwungen 
wurden. Die Verwirrung war grenzenlos, und herzzerreißend
	        
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