136
Weiter nördlick, besonders in dem Landstriche längs der Südseite
des Rheins, in dem sogenannten Nordbrabant, verliert sich mehr und
mehr der fruchtbare Boden, und diese Gegenden von minder ansprechenden
Physiognomie als die südlicheren, ähneln in ihrer Bodenbeschaffenheit
dem Geestlande der germanischen Ebene: kahle Heiden, spärlich bebaute
Sandflächen, umfangreiche Torfmoore; indes überwiegt doch jetzt nirgends
mehr die ihnen ursprünglich eigene Natur einer einförmigen Steppe;
denn wo der Boden nur einigen Lohn verhieß, da hat sich, namentlich
in der Nähe von Flüssen und Bächen, der Anbau geltend gemacht und
hat diesem Terrain, indem es gegenwärtig von vielen kleinen, durch
Wall und Hecken eingehegten Feldern erMt ist, ein ganz anderes, nicht
unvorteilhaftes Aussehen verliehen. Joseph Kutzen.
69. Die Bewohner des Erzgebirges.
Das Erzgebirge ist die größte und volkreichste Provinz des König¬
reichs Sachsen; denn es zählt auf etwas mehr als 83 Geviertmeilen in
58 Städten, 13 Flecken und mehr als 700 Dörfern mehr als eine
halbe Million Einwohner. Dort erheben sich die meisten und höchsten
Berge, dort sind die größten Waldungen, dort ist der Born der größeren
Flüsse, mit Ausnahme der Elbe, dort ist das Vaterland des sächsischen
Bergbaues und der Bergfabriken, des Klöppelwesens, zum Teil auch
der Baum- und Schafwollenweber und Holzwarenarbeiter, dort ist der
größte Reichtum in und oft die größte Armut über der Erde; denn
während man oben klöppelt, spinnt, webt u. s. w., wird in und unter
der Erde geklettert, gehämmert, gekarrt u. s. w. Die Fälle sind nicht
selten, daß während Mutter und Töchter am Klöppelsack sitzen, tief
darunter Vater und Sohn als Bergknappen arbeiten.
Vom Meißner und Leipziger Kreise steigt das Land allmählich an,
erhebt sich wellenförmig, in stetem Wechsel von Berg und Thal, bis zu
den höchsten Punkten an Böhmens Grenze, und ist reich an Natur¬
schönheiten aller Art, aber auch an Gegenden, wo nur düstere Wälder
und kahle Bergrücken dem Auge sich darstellen, wo kein Singvogel nistet
und nur selten eine Biene summt, weil sie den Rauch der Hämmer und
Schmelzhütten flieht, wo keine Rebe prangt, wenig Obst und selten
Korn gedeiht.
Hinsichtlich der Lage wird die Provinz in das Hoch- und in das
tiefere Gebirge getheilt. Ungeheuere Waldungen decken besonders die
höheren Gegenden und versorgen einen großen Teil des Leipziger und
Meißener Kreises mit Holz, neben welchem es auch nicht an Torf und
Steinkohlen fehlt. Des Bodens wellenförmige Gestalt und allzugroßer
Steinreichtum erschweren Feld- und Gartenbau, und rauhes Klima