45 Nein, was im Anfange Gott erschuf
Durch seines göttlichen Wortes Ruf,
Das schafft der Maler zu aller Zeit:
Gras, Laubwerk, Blumen auf Feld und Heid',
Den Vogel, wie in der Luft er schwebt,
50 Des Menschen Antlitz, als ob er lebt'.
Die Elemente beherrscht er all',
Des Feuers Wut, des Meeres Schwall.
Den Teufel malt er, die Hüll' und den Tod;
Das Paradies, die Engel und Gott,
55 Das macht er durch Farben dunkel und klar,
Mit geheimen Künsten euch offenbar.
Das hebt sich mächtig durch die Schattierung
Nach einer schön entworfnen Visierung.
Er kann euch alles vor Augen stellen,
60 Nicht deutlicher könnt ihr es je erzählen.
Drauf muß er beuten Tag und Nacht,
In Traumgebilden sein Geist stets wacht.
Er ist an Phantasien reich
Und fast dem kühnen Dichter gleich;
65 Um alle Dinge weiß er wohl,
Weil er sie alle bilden soll.
Wer zu allen Dingen hat Schöpferkraft,
Den rühmt die höchste Meisterschaft.
Michael Behaim.
Du lobst den Maler mir zu hoch,
70 Nützlicher bleibt der Steinmetz doch.
Des Malers können wir entraten,
Er schafft von jedem Ding nur den Schatten;
Sein gemaltes Feuer wärmt uns nicht,
Seine Sonne spendet nicht Schein und Licht;
75 Sein Obst hat weder Schmack noch Saft,
Seine Kräuter nicht Duft und Heilungskraft;
Seine Tiere haben nicht Fleisch und Blut,
Sein Wein verleihet nicht Freud' und Mut.
Hans Sachs.
Das Sprichwort immerdar noch gilt,
80 Daß, wer die Kunst nicht hat, sie schilt.
Wie nützlich auch ist die Malerei,
So nenn' ich euch jetzt nur der Dinge drei.
Was uns die Geschichte als teures Vermächtnis
Bewahrte, prägt sie uns ins Gedächtnis: